Starnberg:Späte Ehre für Willi Großer

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Landkreis verleiht Ex-Heimatpfleger den Kulturpreis und würdigt Archivarin Hellerer sowie Mann-Stein vom Sisi-Museum

Von Gerhard Summer, Starnberg

Der Landkreis Starnberg zeichnet seinen langjährigen Heimatpfleger Willi Großer mit dem Kulturpreis aus. Laut Jury war es "höchste Zeit", die Lebensleistung des 84-Jährigen zu würdigen. Großer hat sich der Pflege der Volksmusik, der bayerischen Sprache, Lebensart und Tracht verschrieben und unter anderem das Starnberger Burghofsingen erfunden, teil das Landratsamt mit.

Die beiden Anerkennungspreise gehen an die Herrschinger Archivarin Friederike Hellerer, die sich intensiv mit der Nazizeit im Fünfseenland auseinandergesetzt hat, und das von Rosemarie Mann-Stein geführte Kaiserin-Elisabeth-Museum in Possenhofen. Der Landkreis vergibt seine Auszeichnungen seit 2002 jährlich in wechselnden Bereichen. In der Kategorie Denkmal-, Heimat und Archivpflege war zuletzt der noch amtierende Heimatpfleger Gerhard Schober geehrt worden, und zwar vor sieben Jahren. Diesmal gingen insgesamt 18 Bewerbungen und Vorschläge für die Prämierung ein. Die Preise werden im Herbst im Landratsamt verliehen.

Den Juroren zufolge hat Willi Großer mit seinem Engagement Akzente weit über den Landkreis hinaus gesetzt. Der Mann gelte als wandelndes Lexikon, wenn es um Tracht oder Brauchtum gehe. Er sei von frühester Kindheit an im Heimat- und Volkstrachtenverein Starnberg aktiv gewesen und habe dort alle Funktionen - vom Jugendleiter über den Vorplattler bis zum ersten Vorstand - durchlaufen. Hinzu komme, dass Großer die Begeisterung der Starnberger für den Volkstanz weckte, Gruppen wie der Hochberghauser- und der Starnberger Tanzlmusi auf die Füße half und zudem zahllose Sänger- und Musikantentreffen organisierte. Den Heimatverein führte Großer von 1962 bis 1990. Außerdem arbeitete er 35 Jahre lang beim Bayerischen Rundfunk als Sprecher und Moderator. Ehrenamtlicher Kreisheimatpfleger war er von 1981 bis 1999. Großer ist bereits mit der Goldenen Bürgermedaille der Stadt Starnberg, dem Bundesverdienstkreuz und der Rundfunkmedaille ausgezeichnet worden.

Friederike Hellerer würdigt der Landkreis, weil sie sich der "modernen Art der Heimatpflege verschrieben habe". Das bedeute auch, "schwierige Themen aufzugreifen". Schon in ihrer Magisterarbeit hatte sich Hellerer mit der Geschichte der Finanzschule Herrsching auseinandergesetzt. Als Archivarin der Gemeinde Herrsching ging sie dann der Geschichte des NS-Regimes im Landkreis nach und erfasste vieles wissenschaftlich, was bislang unbeachtet geblieben war, so die Jury.

Archivarin Friederike Hellerer. (Foto: oh)

Bei ihren Recherchen sei sie immer wieder auf die Oper der Nazis gestoßen: auf Juden, Schwule und Lesben, geistig- oder körperlich Behinderte und politische Gegner. Dass diese Menschen nicht vergessen werden, sei ihr ein Anliegen. Hellerer belasse es nämlich nicht bei der Aufarbeitung schrecklicher Zeiten, sondern setze sich auch dafür ein, dass die Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten. So nutzen Schulen im Landkreis die von Hellerer erarbeiteten Materialien, um Kindern und Jugendlichen die Entwicklung der NSDAP aufzuzeigen. Der Preis, so die Jury, sei deshalb als Anerkennung für Hellerers "Einsatz wider das Vergessen" zu verstehen.

Hellerer arbeitet seit 2004 für die Gemeinde Herrsching. Sie baute das Archiv auf, das es vorher nicht gab, gründete den örtlichen Kulturverein mit, ist Zweite Vorsitzende des Herrschinger Vereins für Archäologie und Geschichte und rief einen Archivstammtisch ins Leben. Ortshistoriker und Archivare aus dem ganzen Landkreis treffen und tauschen sich dort aus.

Das Sisi-Museum schließlich zeichnet der Landkreis unter anderem wegen der kindgerechten Vermittlung der Heimatgeschichte aus. Mit dem Sisi-Mobil bringe der Verein die Geschichte der Wittelsbacher und der Kaiserin in die Schulen. Die neueste Idee: ein Audio-Guide von Kindern für Kinder, den zwei neunjährige Pöckinger Mädchen gestaltet haben.

Laut Pressemitteilung ist das Museum 2005 gegründet worden. Es habe sich inzwischen zu einem "international gefragten, großen touristischen Anziehungspunkt in der Region entwickelt". Die Besucher kämen aus aller Welt, ihre Zahl habe sich auf 10 000 pro Jahr erhöht. "Das ist für so ein kleines Museum eine sehr beachtliche Zahl", findet die Kreisbehörde.

Zu verdanken sei dieser Erfolg der Vorsitzenden Rosemarie Mann-Stein und ihren Helferinnen. Gerade Mann-Stein habe sich einen Namen unter Kunstexperten gemacht. Ihr gelinge es immer wieder, seltene Stücke für ihr Museum zu ersteigern. Zuweilen mache sie auch durch Sendungen wie "Bares für Rares" Zufallsfunde. Dem Team um Mann-Stein sei es außerdem ein Anliegen, mit falschen Sisi-Geschichten aufzuräumen. Das Museum ging aus der Sammlung von Paul und Anita Heinemann hervor. Das Ehepaar hatte Andenken an die Kaiserin gesammelt und im historischen Bahnhof von Possenhofen ausgestellt. Die Kollektion war damals nur Insidern bekannt.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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