Starnberg:"Sehr unschöne" Liste von Straftaten

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Jugendgericht verurteilt 19-jährigen Flüchtling, der in Unterkünften randaliert und einen Ticketkontrolleur attackiert hat

Von Christian Deussing, Starnberg

Mit 13 Jahren war er vor seinem gewalttätigen Vater aus einem afghanischen Dorf geflohen, er ist aber nach seinen Angaben später auch von einem Onkel in Iran verprügelt worden und schließlich vor dreieinhalb Jahren als Flüchtling in Deutschland angekommen. Doch der Angeklagte fand offenbar keinen Halt: Der 19-Jährige soll in seinen Asylunterkünften im Landkreis randaliert und versucht haben, zwei Betreuer im Streit um einen neuen Spind zu verletzen. Laut Anklage hat der junge Mann, der noch einen Arrest wegen Ungehorsams absitzen muss, auch im vorigen Jahr einen Fahrkartenkontrolleur in München alkoholisiert beleidigt, einen Schlag in die Rippen versetzt und eine leere Bierflasche nach ihm geworfen haben, nachdem er beim Schwarzfahren erwischt worden war. Zudem soll der 19-Jährige mit einem Freund T-Shirts und Hosen in Kaufhäusern gestohlen haben.

Der Angeklagte gestand vor dem Jugendgericht Starnberg die Taten, beteuerte aber, die Flasche auf den Kontrolleur nur von der Rolltreppe aus ungezielt nach hinten geworfen zu haben. Er räumte zudem ein, am Bahnhof Lochham einen Kontrolleur beschimpft zu haben - aber auch in diesem Fall selbst beleidigt worden zu sein. Die Liste von Straftaten sei "sehr unschön und nicht zu akzeptieren", erklärte jedoch Jugendrichter Ralf Jehle. Er verurteilte den 19-Jährigen zu 160 Sozialstunden und forderte ihn auf, wegen seiner posttraumatischen Belastungsstörungen und der aggressiven Ausbrüche eine psychiatrische Fachambulanz aufzusuchen. Dem mitangeklagten Freund wurde nur ein Diebstahl vorgeworfen - gegen ihn wird das Verfahren eingestellt, wenn er 24 Arbeitsstunden ableistet.

Bereits der Staatsanwalt hatte dem Hauptangeklagten eine "eingeschränkte Schuldfähigkeit" zugutegehalten. Der Richter folgte dieser Ansicht und verwies auf die "schwierige Lebensgeschichte und psychische Verfassung" des Flüchtlings, der nicht arbeiten dürfe und dessen Asylantrag abgelehnt worden sei. Der 19-Jährige hat nun Angst vor seiner Abschiebung und ist laut Gericht schon ausreisepflichtig. Doch der Verteidiger verweist auf einen weiteren Eilantrag beim Verwaltungsgericht, um die Abschiebung noch zu verhindern. Zudem brauche sein Mandant psychische Hilfe. Der schmächtige Angeklagte entschuldigte sich reumütig für seine Taten und versprach, "so etwas nie mehr zu tun".

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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