Starnberg:Segeltörn und Sarabande

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Die Ammerseerenade kann dank des reizvollen Umfelds wieder hochrangige Künstler gewinnen. Diesmal sind das Janoska-Ensemble, " Dramaturgia" und das Arcis Saxophon Quartett dabei

Von Armin Greune

Die S.Y. "Albatros" ist eine ihrer Geheimwaffen: Mit Segelausflügen auf dem 1905 gebauten Zweimaster lockt Doris Pospischil hochrangige Musiker an den Ammersee. Die edle Teakholz-Yacht hat der russische Zar Nikolaus II. einst dem damaligen württembergischen König Wilhelm II. geschenkt, aber schon seit 80 Jahren steht sie bei der Stefan Marx' Ammersee Segelschule in Diensten. Die eigentlich unbezahlbare "Albatros"-Tour gehört zu den Attraktionen, mit denen es den Veranstaltern der Ammerseerenade gelingt, die relativ bescheidenen Gagen zu kompensieren. Sie rate den Künstlern auch stets, das Badezeug nicht zu vergessen, sagt Pospischil: "Die Hälfte unseres Erfolges verdanken wir der Natur hier."

Die andere Hälfte darf sich die Initiatorin und Organisatorin selbst zuschreiben. Dass dieses eher unkonventionelle Klassik-Festival im Vorjahr 4000 Besucher anzog und heuer bereits zum vierten Mal stattfindet, sei "ihr persönliches Verdienst", fand Dießens Bürgermeister Herbert Kirsch bei der Vorstellung des Programms 2017. Vom 26. August bis zum 2. September werden unter anderem Kirill Troussov, Drumaturgia und das Arcis Saxophon Quartett erwartet.

Auch das mittlerweile weltweit gefragte Janoska-Ensemble wird zum dritten Mal die Ammerseerenade beehren und am 1. September wieder im Florianstadl von Kloster Andechs auftreten. "Wir fühlen uns als Teil ihres Erfolges", sagt Pospischil. Sie hat freilich kaum Hoffnung, die drei in Wien lebenden Brüder nebst Schwager in Zukunft noch einmal buchen zu können: "Irgendwann werden sie sich uns wegen der Honorarfrage entziehen." Inzwischen stehe das Quartett - dessen sehr eigenständige Klassik-Interpretationen von Jazz-, Volks- und Romamusik beeinflusst sind - bei der Deutschen Grammophon unter Vertrag und werde von Singapur aus gemanaget.

Familienbande sind nicht nur in Hinblick auf die Janoskas ein zentrales Thema des Festivals. So treten Maria und Matthias Well als Duo "twoWell" zum "Kammerkonzert & Schweinsbraten" am 29. August im Hechenwanger Gasthaus Saxenhammer auf. Die Cellistin und der Geiger repräsentieren die dritte Generation der hochmusikalischen Dynastie, die mit der Biermösl Blosn und den Wellküren berühmt wurde.

Vor der deftigen Mahlzeit präsentieren junge Musiker aus Deutschland und Taiwan, was sie in einem sechstägigen Workshop beim Cellisten und Dozenten Viktor Töpelmann gelernt haben. Weiter werden am 31. August der Münchner Meistergeiger Kirill Troussov und seine Schwester Aleksandra am Piano zum Gala-Konzert mit Dinner im Uttinger Bootshaus erwartet. Und im Braunviehstall Achselschwang geben am 2. September die Schwestern Lea und Esther Birringer ein musikalisches Gastspiel, wenn unter dem Thema "Musik & Dialog" der nigerianische Menschenrechtler Obiora Ike und der Publizist Jens Wendland diskutieren.

Zum Auftakt und Finale der kommenden Ammerseerenade wird weniger gefiedelt als getrommelt: Das Abschlusskonzert gibt das Münchner Percussion-Ensemble Drumaturgia in Achselschwang. Die sechs improvisationsfreudigen Herren um Carl Amadeus Hiller ( Einshoch6) verbinden Mozart mit Fusion Jazz, Paganini mit Polyrhythmik und Latin mit fernöstlichen Klängen. Auch das Vorspiel zum Festival bestreiten am 6. August virtuose Schlagwerker: Zum Picknick-Konzert für die ganze Familie gastieren im Schondorfer Landheim Alexander Glöggler und Philipp Jungk alias Double Drums sowie der italienische Crossover-Violonist Alessandro Quarta.

Ein Höhepunkt wird der Konzertabend am 28. August im Dießener Augustinum aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Stiftung "Yehudi Menuhin - Live Music Now" in München: Dabei wird die Uraufführung von "Quasi una Serenata" des Gautingers Johannes X. Schachtner zu hören sein, die als Auftragskomposition Menuhin gewidmet ist. Sie wird vom Auriga Streichquartett interpretiert, außerdem spielt das Arcis Saxophon Quartett Werke von Bach, Gershwin und Ligety. Und zum 40-jährigen Bühnenjubiläum von Anne Sophie Mutter gratulieren am 30. August ihre Stipendiaten Vladimir Babeshko (Viola), Ksenia Bashmet (Piano) und Ye-Eun Choi (Violine) im Haus der Landwirtschaft in Herrsching.

Wie immer runden die "Happy Classic Hour" und eine Kunstausstellung in Achselschwang das Programm ab. Täglich sind dort am roten Flügel von 18 bis 19 Uhr junge Talente zuhören - darunter auch Sergei Davidchenko und Sofia Matvienko von der russischen Musical Olympus Foundation. Vom 30. August bis 5. September 2015 zeigen zehn Bildhauer im Braunviehstalle aktuelle Werke.

Selbstverständlich findet auch wieder der traditionelle Tag der Haus- und Hofkapellen statt. Am 27. August öffnen tagsüber 24 Gotteshäuser ihre Tore, am Programm wird noch gearbeitet. Am Abend ist das festliche Eröffnungskonzert "Classic Spiritual" in der Klosterkirche St. Ottilien geplant, das die Kammerphilharmonie St. Petersburg und das Echo-Männerchorensemble aus Dresden bestreiten.

Den familiären Charakter der Serenaden will das Team um Pospischil auf jeden Fall erhalten. "Die Begegnungen zwischen Künstlern und Publikum sind sehr viel intensiver als auf großen Festivals", sagt Herbert Kießling, der mit Klaus-Dieter Groß den Vorsitz des veranstaltenden Vereins Kultur am Ammersee übernommen hat. Man könne "quasi ein Spa-Festival" anbieten, meint Pospischil. Vom Naturreichtum der Region profitierten auch die Zuhörer: "Wir sind die Landpartie und lassen die Seelen baumeln - das gilt auch für Städter."

Tickets und weitere Informationen unter www.ammerseerenade.de.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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