Starnberg:Schwierige Fusion

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Kompliziertes EU-Recht verzögert den Zusammenschluss von Wirtschaftsförderung und Tourismusverband

Von Otto Fritscher, Starnberg

Eines der großen Vorhaben der Kreispolitik ist jetzt ins Stocken geraten: der Zusammenschluss der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung gfw und des Tourismusverbands Starnberger Fünfseenland zu einer, dann schlagkräftigeren Organisation. Der Grund: Neue Vorschriften und Regeln aus Brüssel, die - vereinfacht gesagt - den Anteil privater Firmen oder Organisationen an der künftigen GmbH und auch an deren Umsatz beschränken. "Ich hab' mir das auch reibungsloser vorgestellt", sagt Landrat Karl Roth. Durch die neuen Hürden sei der 1.1.2016 als ursprünglich geplanter Termin für die Fusion nicht mehr zu halten.

Auslöser für die Verzögerung ist eine Verschärfung des Beihilfe- und Vergaberechts seitens der Europäischen Union. Die EU fordert eine scharfe Trennung zwischen öffentlichen und privaten Geldern und Interessen. So soll verhindert werden, dass Steuergelder für privatwirtschaftliche Zwecke verwendet werden und möglicherweise den Wettbewerb verzerren. "Wir müssen jetzt ausbaden, was die in Brüssel ausbaldowert haben", sagt Klaus Götzl, Geschäftsführer des Tourismusverbands. Dabei geht laut Landrat Roth "Gründlichkeit vor Schnelligkeit". Eine Münchner Anwaltskanzlei ist damit beauftragt, eine belastbare Lösung auszuarbeiten. Auch anderswo hat die EU Verwerfungen mit dieser Verschärfung ausgelöst. In Hamburg etwa haben Reedereien Anteile an der dortigen Wirtschaftsförder GmbH. In Starnberg hat etwa der Unternehmerverband UWS Anteile an der gfw.

Tourismuschef Klaus Götzl sagt, dass alle Gemeinden weiter mit am Strang zögen. (Foto: Georgine Treybal)

Eine Alternative zu einer GmbH wäre die Rechtsform ein Kommunalunternehmen, dem aber eine GmbH angegliedert werden könnte. "Unsere Wunschlösung ist immer noch eine GmbH", sagt Winkelkötter, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft gfw. In der Praxis soll es aber so laufen, dass der Tourismusverband unter das Dach der gfw schlüpft. Wobei der Haushalt des Tourismusverbands viel größer ist wie der Etat der gfw.

Wie geht es nun weiter? Am politischen Willen, aus zwei Organisationen eine zu machen, lassen Landrat Roth, Winkelkötter und Götzl keinen Zweifel. "Auch alle Gemeinden ziehen weiter mit am Strang", ist Götzl überzeugt. Mit einigen Bürgermeistern und Gemeinderäten haben Götzl und Winkelkötter schon geredet, die Gespräche liegen aber jetzt erst mal auf Eis. Wie lange wird die Münchner Rechtsanwaltskanzlei brauchen, bis sie erste Vorschläge unterbreitet? Damit sei vielleicht sogar schon im Oktober, aber auf jeden Fall noch heuer zu rechnen, ist zu hören.

Auch das bayerische Wirtschaftsministerium beobachtet die Fusion sorgfältig. "Gerade bei neuen Vorhaben wie der geplanten Fusion des Tourismusverbands Starnberger Fünf-Seen-Land mit der Wirtschaftsfördergesellschaft gfw ist daher eine sorgfältige Prüfung der EU-rechtlichen Vorgaben erforderlich und angeraten", sagt der stellvertretende Ministeriumssprecher Ludwig Jungbauer.

Doch selbst wenn eine rechtskonforme Organisationsstruktur gefunden ist, wartet auf die Macher noch eine anspruchsvolle Aufgabe. Es gilt, die Höhe der Gesellschaftsanteile genau auszuhandeln, für den Unternehmerverband UWS, den Landkreis und jede einzelne Gemeinde. Und dazu gehören nicht nur die Kommunen aus dem Landkreis, sondern auch diejenigen, die bislang nur Mitglied im Tourismusverband sind wie Münsing, Bernried, Seeshaupt und Dießen. Diese werden sich wohl mit kleineren Anteilen bescheiden, oder gar nur Dienstleistungsverträge mit der neuen GmbH abschließen.

Der Namen des neuen Konstrukts steht auch noch nicht fest. "Das ist das geringste Problem", sagt Klaus Götzl. Landrat Roth denkt indes noch einen Schritt weiter: "Mit einer schlagkräftigen Organisation können wir viel mehr bewirken im Landkreis, auch für unsere Bürger. Ich habe da schon ein paar Sachen im Kopf, von denen dann auch die Einheimischen profitieren werden."

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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