Starnberg:Run auf Tracht

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Fast wie im Schlussverkauf geht es im Starnberger Trachtenheim zu, wenn kurz v or der Wiesn alljährlich gebrauchte Trachtenkleidung angeboten wird. (Foto: Arlet Ulfers)

Schon in aller Früh stehen die Interessenten beim Second-Hand-Markt Schlange

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Die beiden Zwillingsschwestern Anna und Luisa Wozny strahlen. Sie sind auf dem Trachten-Second-Hand-Markt "Trachtengwand aus zwoater Hand" fündig geworden. Jede hält einen Trachtenjanker in der Hand und ein fesches Dirndl. Jetzt sind sie gut gerüstet fürs Oktoberfest. Vor neun Jahren hatte der Starnberger Trachtenverein die Idee, gebrauchte Trachtenkleidung zu verkaufen, um Geld für die Jugendarbeit zu sammeln. Innerhalb kürzester Zeit hat sich der Markt weit über die Landkreisgrenzen hinaus herumgesprochen als gute Adresse, bei der man klassische Tracht zum erschwinglichen Preis bekommen kann.

Und der Run auf die Tracht ist auch diesmal enorm. Bereits um 6.45 Uhr morgens stehen die ersten Kunden an, damit ihnen ja kein Schnäppchen entgeht. Wenn der Markt um 9 Uhr öffnet, ist die Schlange 70 Meter lang und reicht bis zum Parkdeck. Die Helfer lassen die Besucher deshalb aus Sicherheitsgründen nur blockweise in das Trachtenheim. Und die Profis unter den Kunden wissen, dass sie früh dran sein müssen, damit sei bei den Ersten mit dabei sind. Es sei witzig, wenn man morgens kurz vor 7 Uhr um die Ecke komme und wieder die gleichen Leute wie im vergangenen Jahr treffe, sagt Anna. Das mindestens zweistündige Anstehen vor Trachtenheim hat sich bei ihnen zu einem festen Ritual entwickelt.

Die Zwillingsschwestern kommen bereits seit sechs Jahren her und kennen alle Tricks. "Wir machen in der Schlange schon aus, in welcher Umkleide man sich trifft." Außerdem freuen sie sich, alte Bekannte wieder zu sehen. Man ratscht, packt die frischen Semmeln aus und frühstückt nebenbei. Seit dem vergangenen Jahr braucht man nicht einmal mehr zum Bäcker zu laufen. Der Trachtenverein hat vor der Eingangstür einen Stand aufgebaut mit Würsteln, Kuchen und Kaffee. Wenn die Helferin Utta Eckbauer kurz nach sieben Uhr den Frühstücksstand öffnet, herrscht am Eingang bereits großes Gedränge. "Da muss ich erst freimachen, damit ich an die Arbeitsfläche komme", sagt sie und fügt augenzwinkernd in Richtung der Zwillingsschwestern hinzu: "Die helfen mir aber."

Gemessen am Andrang geht es unglaublich lustig und entspannt zu. "Aus der Größe sind wir raus", witzelt eine Verkäuferin, als ein junger Mann eine Lederhose aus dem Wühltisch zieht. Normalerweise sind die Lederhosen schon nach einer Stunde vergriffen. Doch dieses Jahr hat die Organisatorin Gitta Wackerl auffallend viele hereinbekommen, so dass die Auswahl noch ganz gut ist. Für die Einheimischen ist der Markt eine gute Gelegenheit, um abgelegte Trachtenkleidung los zu werden und in den vergangenen vier Wochen haben sich 165 Leute bei Wackerl registrieren lassen.

Die Verkaufsliste wurde ins Internet gestellt, so dass sich die Interessenten schon vorab informieren konnten. Nikolaus Brunner aus Miesbach hat von dem Markt aber durch Mundpropaganda erfahren, wie die meisten Kunden, die heute ein Schnäppchen gemacht haben. "Ich war schon kurz vor sieben da und ich war nicht der Erste", wundert er. sich Für Brunner hat es sich rentiert, dass er so früh aufgestanden ist. Er hat eine "Kurze" gefunden und eine Leder-Bundhose nebst Strümpfen und Schuhen. "Jetzt habe ich eine komplette Trachtenausstattung", freut er sich.

Auch die beiden Biker Anna und Thomas Binar haben den "Geheimtipp" von einem Kumpel bekommen. "Es gibt gute Sachen hier, aber die kosten auch", sagt Anna. 100 Euro hat sie für ein Dirndl bezahlt, dafür ist es ganz neu. Thomas indes ist zufrieden mit dem Preis für seine Lederhose. "Wo kriegt man schon eine echte Hirschlederne für 100 Euro?"

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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