Filmfest:Recht auf freie Fahrt

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Manuela Bastian zeigt in "Where to, Miss?" den harten Weg einer indischen Taxifahrerin

Von Matthias Pfeiffer, Starnberg

Taxifahren als Zeichen weiblicher Selbstbestimmung? In unseren Breitengraden klingt das etwas wirr. In einem Land wie Indien ist diese Berufswahl eine kleine Revolution, die den Haussegen töten kann. Schließlich sind dort Sexismus und Patriarchat eine ganz normale Sache. Ein Protagonist in Manuela Bastians Dokumentarfilm "Where to, Miss?" sagt es so: "Die Beziehung zwischen Mann und Frau ist wie die zwischen Hund und Katze. Die Frau ist von Natur aus unterlegen."

Unter solchen Umständen ist es nur allzu verständlich, dass die junge Devki aus diesen verstaubten Strukturen ausbrechen will. Gegen den Willen ihres Vaters will sie um jeden Preis Taxifahrerin werden und sich gleich auf zwei Wegen für die unterdrückten Geschlechtsgenossinnen einsetzen. Sie zeigt, dass auch Frauen für einen solchen Job taugen, und setzt sich aktiv für deren Sicherheit ein.

Nach den schrecklichen Meldungen über Gruppenvergewaltigungen wurde die Lage indischer Frauen auch international bekannt. Die vom Ammersee stammende Regisseurin Manuela Bastian wollte mit ihrem Film ein Gegengewicht setzen. "Danach wurde durch die Medien ein sehr negatives Frauen- und Männerbild verbreitet. Wir wollten ein ganz anderes zeigen", sagt sie nach der Vorstellung in der Starnberger Schlossberghalle. Hier schließt die Regisseurin an ihren ersten Indienfilm "Kampf in Pink" von 2011 an. Damals porträtierte sie Sampat Pal, die Gründerin der weiblichen Bürgerwehr Gulabi Gang. Devkis Protest in "Where to, Miss?" ist auf den ersten Blick weit weniger radikal. Trotzdem stößt sie in ihrem männlichen Umfeld auf nichts als Unverständnis. Egal ob Vater, Ehemann oder Schwiegervater, für eine Frau in einem Männerjob haben sie nur Unverständnis. Für viele wäre das der Grund, alles hinzuschmeißen, bei Devki offensichtlich der zusätzliche Ansporn. "Sie wollte ihre Geschichte erzählen", sagt die Regisseurin. "Wir hatten mit ihr ziemliches Glück, weil sie eine so selbstständige und eigenwillige Person ist. Wir brauchten nur ein paar Tage, um sie an die Kamera zu gewöhnen".

So einfach wie auf den ersten Blick wurde der Dreh dann doch nicht. Das Team musste dreimal nach Indien reisen. "Anfangs dachten wir ganz naiv, dass wir alles nach einem Take haben. Allerdings schaffte Devki ihre erste Taxiprüfung nicht. So negativ konnten wir den Film nicht enden lassen." Dann ging auch das Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg weiter. In dieser Zeit heiratete Devi und wurde Mutter. Der erste Plan war also vorbei. Das Leben folgt nun mal keinem Drehbuch. Durch die verschiedenen Zeitabschnitte erhält der Film aber auch neue Eindrücke. Im letzten Teil muss Devki bei der Familie ihres Mannes auf dem Land leben. Der Konflikt beginnt also wieder von vorne, erschwert durch die Rolle der Hausfrau und Mutter steckt. So bekommt der Zuschauer einen weiter gespannten Blick auf ihre Situation. Auch für das Team begannen abermals die selben Prozesse. "Bei ihrer neuen Familie mussten wir natürlich nochmals das Vertrauen gewinnen", erzählt Bastian. Die Mühen haben sich gelohnt. "Where to, Miss?" ist ein aufrüttelnder Film, den man aber mit einer positiven Grundstimmung verlässt. Auf den jüngsten Hofer Filmtagen gab es dafür den Dokumentarfilmpreis.

© SZ vom 05.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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