Starnberg:Pyro-George und die Luftballons

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David George ist gelernter Chemie-Ingenieur. Seine Leidenschaft ist das Gestalten von Luftballon-Bouquets

Von Otto Fritscher, Starnberg

Eigentlich ist David George Chemie-Ingenieur. Er hat für einen internationalen Mineralölkonzern auf einem kolumbianischen Flughafen dafür gesorgt, dass immer genug Nachschub in den großen Vorratstanks ist, damit die Flugzeuge nicht am Boden bleiben müssen. Vielleicht ist es das ja schon gewesen, diese Mischung aus Dingen, die in den Himmel entschweben können, und Stoffen, denen - wie Kerosin - eine gewisse Explosivität innewohnt. "Schon als Kind hat es mich fasziniert, als ich mit meinem Vater beleuchtete Himmelslaternen habe steigen lassen", erzählt George, der seit mehr als zehn Jahren seine Wahlheimat in Deutschland gefunden hat, "der Liebe wegen", wie er freimütig sagt.

Und George, ein Sohn englischer Auswanderer, hat es offenbar schon immer gerne krachen lassen. "In der Schule hattest du ja den Namen ,Pyro-George, stimmt's?", sagt Verena von Bandemer, von der gleich noch die Rede sein wird. George lächelt still in sich hinein. Und sagt dann: "Ja, als Chemie-Ingenieur haben mich schon immer die Zusammensetzung und die Wirkung unterschiedlicher Stoffe interessiert."

Und wozu hat das alles nun geführt? Zu einem Geschäft für Luftballons. Das haben David George und die gebürtige Starnbergerin Verena von Bandemer kürzlich in Starnberg eröffnet. Die beiden sind nicht nur Geschäftspartner, sie haben auch zwei gemeinsame Kinder. Die allermeiste Zeit steht George im Laden, aber wenn es eng wird, hilft Verena von Bandemer schon mit. Und sie stellt in diesem Luftballonshop eine kleine Kollektion von ihr handgefertigter Armreifen aus, sogar die Glasperlen hat sie selbst gemacht. "Ja, ich war schon immer kunsthandwerklich geschickt", sagt sie. Aber auch David George hat keine zwei linken Daumen, wie man an den geschmackvollen Zusammenstellungen seiner fliegenden Sträuße - im Fachjargon: Luftballon-Bouquets - sieht.

Für David George und Verena von Bandemer sind Luftballons viel mehr als nur eine Dekoration bei Kindergeburtstagen. (Foto: Franz X. Fuchs)

Um so etwas wirkungsvoll zu präsentieren, braucht es genügend Platz. Hier oben, das darf man am Ende der Hanfelder Straße in der Angerweide ruhig sagen, ein bisschen versteckt also, liegt der Laden, "der noch keinen Namen hat", so George. Dafür aber groß genug ist, um nicht nur Ausstellungsfläche zu bieten, sondern es George auch zu ermöglichen, mal ein bisschen herumzuspielen, auszuprobieren und zu basteln. "Ich versuche immer etwas Neues", sagt er.

Bunt treibt er es hier, denn es gibt Luftballons in allen Größen, Formen, Farben - und natürlich auch Preisklassen. Seine Spezialität ist es, diese Ballons zu arrangieren, zu Bouquets. Meistens werden solche Arrangements von Firmen zu bestimmten Anlässen geordert, aber auch bei Geburtstagsfeiern oder anderen Partys sind die fliegenden Objekte immer ein Hingucker. "So ein Bouquet erleichtert es den Gästen, miteinander ins Gespräch zu kommen", hat George beobachtet. Allerdings müssen die Bouquets richtig platziert sein, nämlich "an den Stellen, an denen etwas passiert", sagt George. Also etwa am Eingang zum Festsaal, an dem Platz des Hochzeitspaares oder neben dem Tisch, auf dem die Geburtstagsgeschenke gestapelt werden sollen. Auch bei Firmenevents kommt es darauf an, die Aufmerksamkeit mittels Ballons zu steuern. Etwa bei der Einweihung eines Drogeriemarktes an der Leopoldstraße in München, oder - das war der größte Auftrag, an dem George mitgewirkt hat - beim Basteln eines 21 Meter langten Drachens aus mehreren Tausend Luftballons anlässlich eines Stadtfestes in Ravensburg. Oder die iCloud, die George aus weißen Luftballons zur einer riesigen Wolke zusammengefügt hat. Am schwierigsten war es, die Ballons zu befestigen. Er tüftelte, bis er eine Struktur aus PVC-Rohren als Zusammenhalt hatte. Die Luftballon-Wolke wurde bei der Präsentation von internetfähigen Fernsehern an mehreren Tagen an Seilen rauf und runter gezogen. "Firmenevents sind noch der größte Umsatzbringer", sagt George. Das Arrangieren mache ihm einfach Freude, sagt er in perfektem Deutsch.

Die Luftballons ziehen bei Veranstaltungen die Blicke der Gäste auf sich, sorgen für Gesprächsstoff und gute Laune. (Foto: Franz X. Fuchs)

In seinem Laden hat er mehrere Zehntausend Ballons, die normalen, einfarbigen in großen Beuteln und an den Wänden die dekorativeren Exemplare. In einer Hülle aus Latex, Metallfolie oder neuerdings Plastikfolie gibt es ja nichts, was es nicht gibt: Einen ganzen Zoo könnte man zusammenstellen, mit Dinosauriern, Pinguinen und Fischen, aber auch ein Gruselarrangement mit Totenköpfen. Für die gute Laune gibt es sowieso Ballons in vielerlei Form, vom Smilie bis zu Bugs Bunny. Die Preise sind unterschiedlich, wie auch bei den Bouquets. Die einfachen, vorgefertigten gibt es schon von 20 Euro an, die teuren können mal einen Hunderter kosten. "Die guten Ballons stammen aus Italien, Japan und den USA", sagt George, der nahezu alle Fabrikate kennt. Und was ist mit dem Feuerwerken? Immerhin ist George ausgebildeter Pyrotechniker, der Raketen und Böller bis zur Feuerwerksklasse III in den Himmel jagen darf. Nur von der Klasse 4, das sind Großfeuerwerke, wie sie etwa häufig beim Sommerfest des Undosa gezündet werden, muss er die Finger lassen.

"Zu Feuerwerken werde ich recht selten gebucht", sagt George, und es schwingt ein bisschen Bedauern mit. Nicht, weil schon mal etwas daneben gegangen wäre. Sondern weil am Starnberger See nur schwer Genehmigungen für die Knallerei zu bekommen sind.

Seine südamerikanische Herkunft kann der Starnberger, der seit mehr als zehn Jahren in der Münchner Gegend lebt, nun doch nicht ganz verleugnen. In einer Reihe unter der Decke hängen im Laden Pinatas aus Mexiko. Das sind Behältnisse in Figurenform, die mit Süßigkeiten oder kleinen Geschenken befüllt und aufgehängt werden. Dann muss der Beschenkte die Pinata mit einem Stock zerstören, damit der süße Inhalt herauspurzelt - und die Kinder sich drauf stürzen können.

Nun haben Verena von Bandemer und David George in Starnberg ein Luftballon-Geschäft eröffnet. (Foto: STA Franz X. Fuchs)

So einen Effekt kann man aber auch mit Luftballons erreichen. In einen großen Ballon werden kleine Geschenke gefüllt, für George ist diese Prozedur kein Problem. Oder viele kleine Luftballons in einem großen konzentriert. Und dann wird die Hülle des äußeren Ballons zum Platzen gebracht, auf Wunsch sogar per Funk, und die kleinen Ballons freigelassen. Ein schöner Überraschungseffekt.

Was ist das größte Problem bei einem Luftballon-Arrangement? Dass aus prall gefüllten Kugeln schlaffe Säcke werden? Mitnichten. "Die größte Gefahr ist, dass die Ballons einfach geklaut werden", hat David George erfahren.

So war das zum Beispiel, als er am Nürburgring große Ballons an den Umzäunungen anbrachte, um auf ein Autorennen aufmerksam zu machen. "Die Ballons waren in Nullkommanichts weg, trotz Bewachung ein Kampf, der nicht zu gewinnen war", erinnert sich George. Seitdem bringt er die Bouquets möglichst außerhalb der Reichweite potenzieller Interessenten an. Die können ja nun in seinen Laden kommen.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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