Starnberg:Präzise und homogen

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Große Besetzung: Chor und Orchester der Musica Starnberg führen in der Stadtpfarrkirche St.Maria das Oratorium "Elias". Die Leitung: Ulli Schäfer. (Foto: Fuchs)

Die Musica Starnberg legt sich unter der Leitung von Ulli Schäfer bei der Aufführung von Mendelssohns Oratorium "Elias" mächtig ins Zeug

Von Reinhard Palmer, Starnberg

"Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen" - nein, das ist nicht das Stoßgebet regengeplagter Starnberger. Mit diesen Worten leitete Mendelssohn sein gewaltiges Oratorium "Elias" ein. Sie sind der Auslöser für die nachfolgende alttestamentarische Geschichte, die sich im 8. Jahrhundert vor Christus ereignet haben soll. Ihr Inhalt könnte aber aus allen Zeiten der Menschheitsgeschichte stammen, geht es doch darin um die immer umstrittene und kriegerisch umflorte Frage nach dem wahren Gott. Prophet Elias ist dessen Sprachrohr und verkündet den Fluch der Dürre über das abtrünnige Volk Israel, bevor die gewaltige Ouvertüre mit Pauken und mächtigen Blechbläsern Gottes Worte dramatisch ausdeutet. Welcher der wahre Gott ist, steht hier von Anfang an fest. Musica Starnberg hat sich da unter der Leitung von Ulli Schäfer mächtig ins Zeug gelegt, die Beweisführung wider den Götzen Baal in voller Orchesterbesetzung und mit einem beachtlichen, fast 80-köpfigen Chor auf die Bühne zu bringen. Die Stadtpfarrkirche St. Maria ist zum Glück auch groß genug, diese sinfonische Anlage akustisch zu bewältigen, zumal auch die erfreuliche Publikumsauslastung dem Hall genügend Dämpfung bot.

Die Problematik liegt allerdings weniger in den voluminösen Passagen, als vielmehr an den atmosphärischen Stellen, die trotz großer Substanz feinsinniges Kolorit erzeugen müssen. Und das ist hier nicht gerade zufällig passiert. Das große Orchester, aber vor allem der Chor erwiesen sich als glänzend vorbereitet und trotz der Ensemblegröße präzis, homogen und insbesondere eben auf jenen Stimmungsgehalt hin klanglich sorgsam austariert. Dabei geht es aber auch um eine fesselnde Erzählung, schließlich passieren hier viele wundersame Dinge, wie etwa die Erweckung von den Toten, ein Feuerzeichen Gottes, Erscheinung von Engeln und nicht zuletzt um die Rückkehr des Regens. Und dafür war nicht nur der artikulationsklare Chor zuständig, sondern in erster Linie die Solisten, denen Mendelssohn so einige poetisch betörende Arien zugedacht hatte.

Krankheitsbedingt fiel Bariton Raimund Nolte aus. Doch Jens Hamann an seiner Stelle war kein notgedrungener Ersatz, zumal er die Rolle des Elias in diesem Jahr explizit in seinem Repertoire anführt. Mit Judith Spiesser (Sopran), Marion Eckstein (Alt), Robert Sellier (Tenor) und Hamann bot die Starnberger Aufführung ein Solistenquartett, das den Verweisen des Oratoriums auf die Oper ohne weiteres gerecht werden konnte, ohne gleich gänzlich ins opulente Opernfach zu wechseln. Ganz im Gegenteil: Die Solisten führten ihre Stimmen schmal und nahmen das Vibrato weit zurück, was den romantisch grundierten Arien eine überaus innige Note zu verleihen vermochte. Sellier wechselte auch geschickt die Klangfarbe, je nach Rolle des an Jahwe glaubenden Palastvorstehers Obadjah oder des Baal gläubigen König Ahab. Wie auch Spiesser zwischendurch großartig den glockenreinen Knaben abgab, der die Wolken und Winde des zurückkehrenden Regens erspähen soll - in diesem spannungsgeladenen Moment, den Schäfer sachte in die Länge zog. Die erlösende Wirkung des heranziehenden Unwetters hätte nicht größer sein können.

Schäfer, der in diesem emotional so hin- und herschwappendem Werk doch einiges mehr an Kraft und gestischen Intensität aufzubringen hatte, tat gut daran, auf diverse solistische Besetzungen aus den Chorreihen zu verzichten. So erklangen das Doppelquartett der Engel zu Beginn und das Engelsterzett jeweils in entsprechender Chorbesetzung. Dieser Eingriff in die Partitur veränderte allerdings etwas die klangliche Wirkung. Gewiss, die kammermusikalischen Zäsuren - vor allem das berühmte Engelsterzett - stehen in einer großartigen Kontrastwirkung zu den großen Chören. Doch in der chorstarken Ausführung dieser Passagen bekam das Werk eine konsistente sinfonische Wirkung und überzeugte gerade an diesen Stellen mit klangmalerischer Schönheit. Frenetische Ovationen blieben schließlich nicht aus.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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