Starnberg:Passagier stehen gelassen

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Rentner will sein Ticket für die "Bernried" mit sechs Fünf-Cent-Münzen bezahlen - doch der Kassier lehnt das Kleingeld ab.

Von Manuela Warkocz, Starnberg

Christine Adler hat eine Jahreskarte für die Bayerische Seenschifffahrt und nutzt sie ausgiebig am Starnberger See. Ihr dreijähriger Sohn Joseph liebt "Schiffi-Fahren" und betitelt jeden mit Uniform als "Kapitän". Am Samstag wollte die Tutzinger Schauspielerin ihrem Sohn das letzte Mal in dieser Saison das Vergnügen gönnen - die Seenschiffahrt drehte ausnahmsweise noch eine Extra-Runde. Eine Stunde von Starnberg aus ohne Unterbrechung . Der Opa, der öfter mit von der Partie ist, wollte gern mitkommen. Kosten für einen Erwachsenen: 10,30 Euro. Christine Adler ging mit Kinderwagen und ihrem Vater zur Anlegestelle. Sie gab ihm zehn Euro. "Und gemeinsam kratzten wir aus unseren Geldbeuteln noch 30 Cent aus sechs Fünf-Cent-Stücken zusammen", berichtet sie. Mehr Geld hatten sie nicht - man war zuvor einkaufen, hatte Essen und Getränke im Kinderwagen gelagert. Sie marschierten auf den Dampfersteg, an dem rechts auf der MS Starnberg eine Hochzeitsgesellschaft feierte. Die kleine Familie betrat links die "Bernried". Christine Adler parkte wie gewohnt den Kinderwagen und wartete auf ihren Vater, der sich an der Kasse seine Karte kaufen wollte. "Wollte! Denn als mein Vater den Zehn-Euro Schein und die sechs Fünf-Cent-Stücke dem Kassier hinlegte, sagte dieser nur schroff: ,Die nehm ich nicht.'" Als der Vater freundlich nachfragte, warum nicht, habe er zur Antwort bekommen, man nehme auf den Schiffen der Bayerischen Seenschifffahrt keine Cent-Stücke an. Immer noch freundlich habe der Vater wissen wollen, wie er nun die 30 Cent bezahlen solle. "Nicht mit Fünf-Cent-Stücken!", habe es geheißen. Ihr 71-jähriger Vater habe daraufhin beharrt: "Das ist Geld der Bundesrepublik Deutschland. Sie sind verpflichtet dieses anzunehmen." Er verlangte den Vorgesetzten zu sprechen. Der Kapitän sei drüben bei der Hochzeit, habe es geheißen. "Mit diesen Worten drängte ein anderes Besatzungsmitglied Bauch an Bauch meinen Vater aus dem Schiff - einen 71-jährigen Mann, der eine Schiffskarte kaufen wollte", schildert Christine Adler am Montag ziemlich fassungslos den Vorgang.

Als man vom Kapitän wissen wollte, wie sich die unselige Situation lösen ließe, habe der gesagt, er müsse sich jetzt um die Hochzeit kümmern. Man könne sich ja am Montag im Büro beschweren. "Für mich war die ganze Situation unerträglich", so Adlers Resümee. Ein Mitarbeiter verwies auf eine Verordnung, in die man Einblick nahm. Unter Paragraf 6 der Allgemeinen Beförderungsbedingung der Bayerischen Seenschifffahrts GmbH vom 01.01.2013 steht: "Als Zahlungsmittel wird nur der Euro akzeptiert. Das Fahrgeld soll möglichst abgezählt bereit gehalten werden. Die Kassier sind nicht verpflichtet (...) Fünf und Zwei Cent Stücke von mehr als einem Euro (...) anzunehmen." Man war also zu Unrecht abgewiesen worden, eine "würdelose Schmach", findet Adler. Ralph Schlemmert, Betriebsleiter der Bayerischen Seenschifffahrt Starnberg, ist zerknirscht. "Ich hab' schon mit dem Kassier gesprochen, das war ein kleines Fehlverhalten, da brauchen wir nicht drumrumreden." Er verspricht: "Wir werden den Herrschaften was Gutes tun."

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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