Starnberg:Ordnungswidrig bekifft

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Junger Mann wehrt sich vor Gericht gegen Führerscheinentzug.

Auf den ersten Blick ist es ein alltäglicher Fall: Einem Pkw-Fahrer wird vom Landratsamt der Führerschein entzogen. Im Gegenzug erhebt der Betroffene Klage gegen die Kreisbehörde. Genau das hat auch ein 22-Jähriger aus dem Landkreis Starnberg gemacht. Doch sein Fall ist bei weitem nicht alltäglich. Vermutlich wird sich sogar noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als höchste Instanz damit beschäftigen. Der 22-Jährige hatte am frühen Abend des 28. April 2014 einen Joint geraucht, setzte sich ans Steuer seines Autos - und wurde prompt von der Polizei angehalten.

Strafrechtlich ahndete das Amtsgericht dies mit einer Geldbuße von 500 Euro sowie einem Monat Fahrverbot. Doch das dicke Ende kam erst noch: Im Dezember 2014 entzog das Landratsamt Starnberg dem jungen Mann zudem den Führerschein, obwohl es das erste Mal war, dass er unter dem Einfluss von Cannabis Auto gefahren war. Gegen diese Maßnahme erhob der 22-Jährige über seinen Anwalt Siegfried Spatzl Klage beim Verwaltungsgericht München. Zwar wies das die Klage ab, ließ aber wegen der Tragweite und der grundsätzlichen Bedeutung des Falls die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof zu.

An diesem Montag befassten sich nun die Richter des 11. Senats mit der Frage, ob es vom Landratsamt rechtmäßig war, derart drastische Mittel zu wählen. Der Vorsitzende Richter nannte den Schritt der Behörde "erstaunlich". Es wäre auch "denkbar", dass die Sache für den Kläger folgenlos bleibt, so der Richter. Es handle sich ja lediglich um eine Ordnungswidrigkeit. Das Landratsamt Starnberg aber habe die "schärfste Sanktion" vorgenommen - und zwar ohne eine vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung, kurz MPU. Nach der ersten Trunkenheitsfahrt, bei der jemand erwischt wird, werde der Führerschein auch nicht eingezogen. Dies trifft dann zu, sofern die Blutalkoholkonzentration den Wert von 1,09 Promille nicht übersteigt und kein Fahrfehler passierte. Der Vertreter des Freistaates Bayern befand in der Verhandlung jedoch, dass eine MPU unnötig sei. Der Kläger habe verantwortungslos gegenüber der Allgemeinheit im Straßenverkehr gehandelt. "Eine einzige Ordnungswidrigkeit ohne weitere Sachverhaltsaufklärung" mit dem Entzug der Fahrerlaubnis zu ahnden, "das wäre schon singulär", sagte der Vorsitzende Richter. Eine Entscheidung wird das Gericht an diesem Mittwoch bekanntgeben.

© SZ vom 25.04.2017 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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