Starnberg:"Noch ein Funken Hoffnung"

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Der BLS-Vorsitzende Walter H. Jann hält eine ortsferne Umfahrung für notwendiger denn je, wenn das Gewerbegebiet in Schorn an der Garmischer Autobahn entwickelt wird

Von Peter Haacke, Starnberg

Mit der Entscheidung des Starnberger Stadtrats, die Planungen zum Ausbau des Gewerbegebietes Schorn zu forcieren, wächst auch die Wahrscheinlichkeit, das Areal per Halbanschluss an die Garmischer Autobahn anbinden zu können. Anfang Juni hatte das Bundesverkehrsministerium dem Ausbau des vorhandenen Anschlusses bei Oberdill grundsätzlich zugestimmt, Bayerns Innenministerium informierte die Stadtverwaltung vier Wochen später. Nicht ganz glücklich darüber wirkte Walter H. Jann, Vorsitzender der Bürgerliste Starnberg (BLS), der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten für den Bau einer ortsfernen Umfahrung einsetzt. Einige Vertreter im Stadtrat meinen sogar, dass damit das Ende der Nord-Ost-Trasse feststeht. BLS-Chef Jann sieht das anders.

SZ: Wie haben Sie im Stadtrat am Montag Ihre Bemerkung mit der Taube auf dem Dach und dem Spatz in der Hand im Hinblick auf die Weiterentwicklung und den Autobahn-Halbanschluss für das Gewerbegebiet Schorn gemeint?

Walter Jann: Mir ist das Ganze zu provisorisch, denn das Gewerbegebiet soll ja irgendwann mal komplett entwickelt werden. So ist es unattraktiv für ansiedlungswillige Bewerber. Der Antrag auf Halbanschluss musste gestellt werden, damit es überhaupt von Berlin aus eine Genehmigung gibt. Ein Vollanschluss, egal wo, ist derzeit leider illusorisch.

Ob Halb- oder Vollanschluss: Damit ist doch die von der Bürgerliste favorisierte Umfahrungsvariante vom Tisch.

Ein Anschluss an die Autobahn, von der Bürgerliste seit 25 Jahren vorgeschlagen, wird komplett neu gemacht werden müssen. Da kann man das Durchschlupfen unter der A95 und eine Ausfahrt über den Parkplatz komplett vergessen.

Warum haben Sie dann den Planungen für das Gewerbegebiet Schorn zugestimmt?

Hätte ich nicht zugestimmt, hätte es das Ende für die Entwicklungen in Schorn bedeuten können. Ich vertraue darauf, dass die eingeschlagene Salami-Taktik für Schorn funktioniert und am Ende eine komplette Wurst - soll heißen: ein hervorragendes Gewerbegebiet - daraus wird. Und was machen Sie, wenn diese Taktik nicht funktioniert?

Das überlege ich dann, wenn es entschieden ist. Wenn man ein Ziel verfolgt darf man nicht ans Scheitern denken.

Wenn sich der Bau einer ortsfernen Umfahrung als utopisch erweisen sollte: Wie wird sich die BLS innerhalb der Anti-Tunnel-Allianz positionieren, wenn es um den Bau einer ortsnahen Variante geht, die Sie stets entschieden abgelehnt haben?

Ich bleibe bei der Ablehnung. Aber das wird erst fundierter begründet, wenn wir Anfang 2016 Ergebnisse aus dem Verkehrsentwicklungsplan (VEP) haben. Es kann ja sein, dass eine Umfahrung nicht funktioniert, was ich nicht glaube, aber ich muss diesen Schritt abwarten, denn ich gehöre nicht zu denen, deren häufigstes Argument lautet: "Das geht nicht." Beweise müssen auf den Tisch.

Von einigen Gruppierungen wurde kritisiert, dass die entscheidende Frage zum VEP gar nicht gestellt wurde - nämlich, ob eine Umfahrung unter Berücksichtigung von rechtlichen und ökologischen Aspekten überhaupt machbar ist.

Alle Ämter und Behörden, die damit befasst sind, wollen konkret sehen, wo eine Straße gebaut werden soll. Sie wollen nicht nur die Forderung nach einer Umfahrung hören. Die Jann-Umfahrung ist ein Vorschlag aus der Politik und jetzt müssen die Fachleute sagen: Ist dieser Vorschlag technisch und finanziell umsetzbar? Und dann muss die Politik wieder eingreifen, also entscheiden.

Die BLS hat sich im Wahlkampf für den Bau einer ortsfernen Umfahrung Starnbergs stark gemacht, sogar einen Planfeststellungsbeschluss für 2020 in Aussicht gestellt. Nun aber hat die BLS den Planungen für Schorn zugestimmt. Ist damit Ihr Traum von der Umfahrung nicht beendet?

Die Entwicklung von Schorn hat ja zunächst nichts mit einer Umfahrung zu tun. Sollte einmal die gesamte Fläche entwickelt sein, dann sprechen wir nicht mehr über ein Verkehrsaufkommen wie beim jetzigen Provisorium, sondern über ein mehrfaches. Und wenn dieses Gewerbegebiet zu einem Magnet wird, was ich hoffe, dann wird eine ortsferne Umfahrung notwendiger denn je, auch als Verbindung der beiden Autobahnen im Landkreis. Ich habe einen eigenen Aktenordner zum Gewerbegebiet Schorn angelegt, der ist mittlerweile gut sieben Zentimeter dick. Das sagt eigentlich alles über die Dauer und die Art, wie solche Planungen fortgeführt werden. Deshalb muss ich skeptisch sein. Ich habe jedoch noch einen Funken Hoffnung, dass 2020 haltbar ist.

Innerhalb der BLS gilt Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp nach seinem umstrittenen Fraktionswechsel 2014 weiterhin als Unterstützer der WPS. Steht Ihre Fraktion nicht vor einer Zerreißprobe, wenn es etwa um den Bau der BOS/FOS geht?

Mir ist im Moment nicht bewusst, warum die FOS/BOS Streitpunkt sein sollte, auch wenn die WPS hier möglicherweise ihre ortsnahe Umfahrung bauen möchte. Ein Widerstand von Klaus Rieskamp ist mir nicht geläufig: Wir sind beide der Meinung, dass nur eine ortsferne Umfahrung Sinn macht und wir einer ortsnahen Lösung nicht zustimmen werden. Aber auch hier warten wir das Ergebnis der laufenden Untersuchungen ab.

Sie sind mit 73 Jahren eines der ältesten Mitglieder im Starnberger Stadtrat, seit mehr als 25 Jahren kämpfen Sie für den Bau einer Umfahrung. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem Umstand, sollte die Jann-Trasse im Nordosten der Stadt als Umfahrungsvariante ausscheiden? Und wie geht es dann weiter mit der BLS?

Die ortsferne Umfahrung ist noch nicht gestorben, der politische Prozess noch nicht beendet. Das möchte ich noch abwarten, weil ich weiterhin glaube, dass ich etwas dazu beitragen kann. Wenn eines Tages eine Entscheidung kommt - es ist ja auch der B2-Tunnel noch nicht tot, nur in der Kommunalpolitik Starnbergs - oder wenn eine ortsnahe Umfahrung käme, dann hat mein Mitwirken in der Politik keinen Sinn mehr. Auch dann springe ich nicht von irgendeiner Brücke, aber ich habe getan, was ich konnte, und das befriedigt mich. Die BLS hat rund 70 Mitglieder, es gibt keine Fusionsüberlegungen mit anderen Gruppierungen. Die Frage, wie es weitergeht, ist abhängig von Personen und lässt sich heute so nicht beantworten. Ich bin aber sicher, dass die BLS am Leben bleibt.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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