Starnberg:Musik nur, wenn sie laut ist

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Beim SV Söcking steigt in der Franz-Dietrich-Halle die erste "Söckinger Disconacht" für Menschen mit und ohne Handicap. Das Event wird von vielen Musikern, DJs und Organisationen unterstützt

Von Carina Seeburg, Starnberg

Warum sie tanzen geht, obwohl sie Musik gar nicht hören kann - das hätte man sie schon mal gefragt, berichtet Anna Krott von der Gilchinger "Ohrmuschel", einer Selbsthilfegruppe für hörgeschädigte Menschen. Die Antwort darauf sei ihr leicht gefallen: "Weil ich Musik spüre, die Bässe, den Rhythmus. Auch Gehörlose haben Spaß an Musik." Tanzen bringt Menschen zusammen - und genau das ist auch das Ziel der "ersten Söckinger Disconacht", die am Samstag, 18. November, unter dem Motto "Tanzbar" in der Franz-Dietrich-Halle beim SV Söcking stattfindet. Lokale Bands und Münchner DJs kündigen eine bunte Mischung aus Rock, Schlager, aktuellen Hits und Evergreens ab den Siebzigerjahren an.

"Die Disconacht ist für Menschen mit und ohne Behinderung", erklärt Petra Seidl, Behindertenbeauftragte im Landkreis, "aber sie ist auch für Menschen aller Generationen. Da muss für jeden was dabei sein." Für tanzbare Musik sorgen DJ Thomas und DJ Ralf, die in ihrer Jugend selbst mit Lernbeeinträchtigungen zu kämpfen hatten, sowie die Bürgermeisterband Dr. SchiWaGu, bestehend aus den Bürgermeistern Christian Schiller (Herrsching) Manfred Walter (Gilching) und Wolfram Gum (Seefeld). Erik Berthold ist gleich mit zwei Bandprojekten dabei: Eric & Friends und Eric & Barrierefrei, ein Musikprojekt, in dem sich Menschen mit und ohne Handicap zusammengefunden haben.

Blues, Folk und Rockmusik bringt Claus Angerbauer auf die Bühne, der selbst mit einer erheblichen Beeinträchtigung lebt: Der leidenschaftliche Musiker ist seit seinem 35. Lebensjahr blind. Als Kommunalpolitiker im Weßlinger Gemeinderat setzt sich Angerbauer für Bildung und Soziales, aber - als selbst betroffener - auch für Menschen mit physischen oder psychischem Handicap ein. Denn hier gibt es weiterhin viel zu tun: Noch immer sind viele öffentliche Gebäude nicht barrierefrei.

Gerade Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen haben oftmals begrenzte Möglichkeiten, abends mit Freunden auszugehen und zu feiern. Denn wenn nach dem zweiten Bier keine behindertengerechte Toilette aufzufinden ist, dann ist auch der Spaß schnell am Ende. Anders ist es bei der ersten Söckinger Disconacht, die am Samstag, 18. November, von 19 Uhr an startet. "Alles ist barrierefrei und die Preise sind mit zwei Euro Eintritt moderat. Jeder, der mitfeiern möchte, kann das auch", sagt Peter Koziol, stellvertretender Vorsitzender des SV Söcking. Co-Veranstalter sind der Kreisjugendring und die Offene Behindertenarbeit (OBA), ein Zusammenschluss des Caritasverbands, der Lebenshilfe und des BRK-Kreisverbands. Unterstützt wird die Veranstaltung außerdem vom Landratsamt. Sponsoren sind die Grenzebach-Stifung und die "Aktion Mensch", die ihr Engagement nicht auf finanzielle Unterstützung beschränken, sondern auch technisches Equipment stellen.

Damit die Party für alle erschwinglich bleibt, gibt es Getränke und Fingerfood zum Selbstkostenpreis, gestellt von Schülern des Tutzinger Gymnasiums. Für diejenigen, die das Tanzbein nicht schwingen möchten, ist ein Teil der Halle bestuhlt. Dass es sich aber lohnt, die Tanzfläche zu betreten, davon berichtet Claus Angerer schmunzelnd: "Mich hat vor vielen Jahren einmal eine Gehörlose zum Tanz aufgefordert. Sie hat mich als Blinden geführt und durch mich hat sie den Rhythmus der Musik gespürt. Das ist ein Erlebnis, das ich bis heute nicht vergessen habe."

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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