Starnberg:Musik fürs Auge

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Elegant und schnörkellos: Gabrielle Rothmoser und Gudrun Paysen (re.) stellen im Kunstsalon aus. (Foto: Arlet Ulfers)

Paysen und Rothmoser stellen im Temporären Kunstsalon aus

Von Katja Sebald, Starnberg

Mit einer feinsinnigen, ja geradezu eleganten Ausstellung öffnet der "Temporäre Kunstsalon" in der Josef-Jägerhuber-Straße 5 zum vorletzten Mal seine Türen, bevor er sich Anfang 2017 wieder in einen schnöden Büroraum verwandelt. Mit "Reflexionen über Form und Farbe" haben die Keramikerin Gudrun Paysen und die Malerin Gabrielle Rothmoser, beide seit vielen Jahren Nachbarinnen in Berg, ihre Ausstellung überschrieben. Und so zurückhaltend wie der Ausstellungstitel ist auch die Werkschau.

Das ist zunächst um so erstaunlicher, als die Bilder von Gabrielle Rothmoser von großer Farbkraft sind, ja, einzig und allein von der Farbe bestimmt werden. Alle ihre Gemälde sind ungegenständlich und entstehen in Acryl auf Leinwand. Da sie auch grundsätzlich ohne Titel auskommen, lassen sie dem Betrachter erfreulich großen Freiraum. Es sind Bilder, die nichts behaupten und nicht mehr sein wollen als Farbe, ein Nebeneinander, manchmal auch ein Übereinander von zumeist satten, warmen und kalten, dunklen und hellen Farbflächen, Flecken und gestischen Spuren. Sie suggerieren keine Räumlichkeit und erst recht keinen Bezug zur realen Welt, sondern sind vielmehr wie Musik für die Augen: Spannungsvolle und rhythmische, zuweilen sehr sensible Klänge aus Farbtönen. Kombinationen aus einem flirrenden Türkisgrün und einem bauchigen Rostrot oder von tonigem Blau und weichem Petrol mit leuchtendem Orange zeugen von der Virtuosität der Malerin im Umgang mit ihrem Instrument, der Farbe. Und sie bilden ein stimmiges Umfeld für die ausgestellten Keramikarbeiten.

Gudrun Paysen gehört zum Urgestein der Berger Kulturszene, nimmt jedoch in dieser Szene eine absolut singuläre Position ein: Seit 1989 fertigt sie in ihrer Werkstatt Gebrauchsgeschirr nach japanischer Tradition, völlig unbeirrt von Moden und anderen Zeitgeisterscheinungen. "Ohne einen langjährigen Aufenthalt in Japan wäre es wohl nicht dazu gekommen, dass ich das Keramikhandwerk erlernt hätte", sagt sie. Ihren eigentlichen Beruf als Übersetzerin für Englisch und Französisch gab sie auf, als sie 1974 mit ihrem Mann aus beruflichen Gründen nach Japan ging, wo sie zwölf Jahre lebte. Ihre Gefäße, Teller, Schalen und Vasen, fertigt sie aus Ton, den sie direkt aus Japan bezieht. Die Formen sind schlicht und schnörkellos.

Zur Kunst werden diese kunsthandwerklichen Gebrauchsgegenstände durch ihre Oberflächengestaltung, der die Keramikerin höchste Aufmerksamkeit widmet: Sie verwendet fast ausschließlich selbstgefertigte Ascheglasuren, für die sie Kastanienblätter oder Getreide und Reishüllen verbrennt. Durch sauerstoffreduzierenden Brand entstehen wundersam matt-zarte Blau- und Grüntöne, feinste Nuancierungen und minimalistische Ornamente wie eine sich öffnende Spirale auf einem Teller oder die Craquelée-Muster auf den Teeschalen. Überhaupt erscheinen Kunst und Tradition der japanischen Keramik in einer einzigen Teeschale vereint, deren Form und Oberflächen zwar allein von ihrem späteren Gebrauch bestimmt wird, die aber dennoch ein Objekt von skulpturalen Schönheit sein kann.

Die Schau ist an diesem Wochenende jeweils von 11 bis 19 Uhr zu sehen. Am 1. Oktober findet um 15 Uhr eine japanische Teezeremonie statt.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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