Starnberg:Mitten im Geschehen

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Seit vier Wochen leitet Bettina Richter die Ausländerbehörde im Starnberger Landratsamt. (Foto: Nila Thiel)

Bettina Richter ist neue Leiterin des Ausländeramtes

Von Sabine Bader, Starnberg

Einfach kann jeder. Aber für Bettina Richter scheint das keine Option zu sein. Sonst wäre sie sicher auch nicht Leiterin des Ausländeramtes im Starnberger Landratsamt geworden. Denn in diesen Zeiten ist das beileibe kein einfacher Job, den sie vor vier Wochen angetreten hat. Warum? Das ist schnell erzählt: Denn schon morgens, wenn sie die Behörde betritt, ist der ganz Flur zu ihrem Zimmer voller Leute. Sie alle wollen etwas von ihr oder den ihr unterstellten 30 Mitarbeitern - Bürger mit Pässen aus anderen Ländern, Flüchtlinge, die das Aufenthaltsrecht beantragen oder abgelehnte Asylbewerber. Menschen in der Fremde, Menschen in Unsicherheit.

Bettina Richter weiß das. Auch wenn sie selbst noch nie länger in der Fremde gelebt hat. "Ich bin nicht die große Weltreisende", gesteht sie ein. Am liebsten ist sie daheim bei ihrer Familie und dem Dalmatiner "Istan", der Katze, den fünf Pferden und dem Shetlandpony "Vera".

Die 51-Jährige ist im Landkreis Starnberg aufgewachsen, lebt mit ihrer Familie - Ehemann, den zwei erwachsenen Kindern und ihrer Mutter - in einer Seegemeinde. Hier fühlt sie sich rundum wohl, und hier will die gebürtige Münchnerin auch nicht mehr weg. Das Landratsamt Starnberg ist ihr ebenfalls vertraut. Dort hat sie nach dem Abitur und dem Jurastudium in Passau ihre Ausbildung zur Beamtin im gehobenen Dienst gemacht. Das war 1992, noch unter Landrat Rudolf Widmann. Schon damals fand sie das Ausländerrecht ein "spannendes Thema".

Bei der Regierung von Oberbayern hat sie sich dann aber mit Förderprojekten der Kommunen im Tourismusbereich beschäftigt. Bis man 2010 im Obersten Bayerischen Rechnungshof auf sie aufmerksam wurde. Dort betrauten ihre Chefs sie mit dem Thema Zuwendungsrecht. Im Klartext sind das alle Freiwilligen Leistungen, die der Freistaat vergibt. Pro Jahr dürften sich diese auf etwa fünf Milliarden Euro belaufen. "Genau weiß das keiner", sagt Richter. Kein schlechter Job also.

Durch einen Zufall ist sie dann aber doch wieder zurück ans Starnberger Landratsamt gelangt. Sie hat von der offenen Chefstelle im Ausländeramt erfahren. Und der Wechsel von der Prüfertätigkeit hin zu einer Arbeit, bei der man mitten im Geschehen ist, hat sie gereizt. "Jetzt ist es an der Zeit, etwas Neues zu lernen", sagt sie leichthin - "an der Verwaltungsfront".

Und an vorderster Front fühlt sie sich manchmal auch. Denn es fehlt am Personal, um die vielen Anforderungen bewältigen zu können. 30 Mitarbeiter hat Richter derzeit, aber noch immer sind fünf Stellen unbesetzt. Dass sich dies in absehbarer Zeit ändert, ist für sie die vordringlichste Aufgabe. "Wir müssen Personal aufstocken, um den vielen Einzelfällen gerecht werden zu können", sagt sie. "Und um die Bearbeitungszeiten zu verkürzen." Denn die lange Dauer schafft Unmut, sowohl bei den Asylsuchenden, als auch bei den Helferkreisen und bei den Mitarbeitern selbst, die an ihrer Kapazitätsgrenze sind. "Immer fehlt eine Hand." Und dann passieren Fehler. Die erzürnen natürlich Flüchtlinge wie Helfer. Zurecht, das weiß die Amtsleiterin. Und auch die Ungeduld derer, die seit Stunden warten, kann sie gut verstehen. Doch man versuche alles, die schwierigen Aufgaben in angemessener Zeit zu bewältigen, sagt sie. "Wir wollen schließlich etwas Positives bewirken." Zudem sei es spannend, mit anderen Kulturen in Berührung zu kommen. "Der Job ist eben nicht der übliche Trott."

So ist Bettina Richter nun seit vier Wochen - am 1. August hat sie ihr neues Amt übernommen - gut eingespannt. "Das geht alles nur, weil auch die Familie mitzieht", sagt sie. Und natürlich ist es besonders wichtig, in der Freizeit richtig ausspannen zu können. Etwa beim Kutschenfahren. Ja, die 51-Jährige liebt ihre Pferde, besonders den Kaltblüter "Domino". Richter: "Kutschenfahren und Wanderreiten sind echte Auszeiten für mich." Auch der 21-jährige Sohn und die Tochter, 18, sind übrigens pferdebegeistert, sie gehen auf Reitturniere.

Wer sich übrigens über den Namen ihres Dalmatiners "Istan" gewundert haben sollte, dem sei auch dies erklärt: "Der Wurf des Züchters war so groß, dass ihm die Namen mit dem Anfangsbuchstaben I ausgegangen sind", erzählt Richter. Also habe der Mann kurzerhand ein neues Wort kreiert: "Wie Tristan ohne ,Tr' und Istanbul ohne ,bul'." Auch für den Hundenamen gilt eben bei Bettina Richter: Einfach kann jeder.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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