Starnberg:Mehr Nachwuchs

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Vor allem Flüchtlingsfamilien haben viele Kinder. Sie brauchen Hilfe

Von Christiane Bracht, Starnberg

Während die einen sich große Sorgen um die Überalterung des Fünfseenlands machen, und sich den Kopf zerbrechen, wie man ihr begegnen kann, freut sich die Leiterin des Jugendamts Rosemarie Merkl-Griesbach über die gegenläufige Entwicklung. "Die Zahl der Kinder steigt", sagt sie. "Man hat wieder Mut zum dritten Kind." Das hören die Kreisräte gern. Allerdings sind die meisten kinderreichen Familien Flüchtlinge, oder sie sind aus Süd- und Osteuropa gekommen, um hier Arbeit zu finden. Denn vor allem im sozialen Bereich werden hier bekanntermaßen händeringend Fachkräfte gesucht.

Für den Landkreis bedeutet der neue Trend aber auch, dass mehr Geld gebraucht wird. Vor allem die Flüchtlingsfamilien können nämlich weder Kindergarten noch Krippe zahlen. Nach sechs Monaten in Deutschland haben sie jedoch einen Anspruch darauf, dass ihre Kinder dort unterkommen können. Das Jugendamt bestreitet derzeit die Gebühren für knapp 660 Kinder, natürlich haben nicht alle Migrationshintergrund, aber im Vorjahr waren es 50 weniger und für 2017 erwartet die Behörde sogar noch eine drastische Steigerung der Fallzahlen. Deshalb rechnet Merkl-Griesbach damit, dass sie allein dafür 260 000 Euro mehr brauchen wird als heuer. Insgesamt wären dafür dann 1,25 Millionen Euro veranschlagt.

Insgesamt ist das Haushaltsvolumen des Jugendamts 2017 allerdings um 4,5 Millionen Euro kleiner als im Vorjahr. Ende 2015 hatte man noch mit einem großen Ansturm an Flüchtlingskindern, die allein nach Deutschland kommen, gerechnet und befürchtet, dass man die allermeisten stationär in Einrichtungen aufnehmen müsse. Doch der Ansturm blieb aus. Die Flüchtlingskinder wurden schon bald bundesweit verteilt, sodass Starnberg kaum noch welche aufnehmen musste. Doch jetzt rechnet man wieder mit neuen, denn die Italiener schicken wieder Flüchtlinge nach Deutschland, darunter auch Minderjährige. In den vergangenen Monaten musste sich der Landkreis Starnberg durchschnittlich um 100 Flüchtlingskinder kümmern, manchmal waren es auch mehr. Momentan sind es etwa 120. Aber nur rund 60 mussten stationär aufgenommen werden, der Rest konnte ambulant von Fachkräften betreut werden, berichtete Merkl-Griesbach jetzt im Jugendhilfeausschuss.

Aber auch von den Kindern und Jugendlichen, die mit ihrer Familie hier her gekommen sind, seien nur wenige dabei, die sehr intensiv betreut werden müssten. "Das ist Zufall, nicht unser Verdienst", stellt die Jugendamtsleiterin klar. Außerdem wisse man nicht, was auf ihren Fachbereich noch zukomme. Vieles werde sich erst im Laufe der Zeit zeigen. Das sei auch nach der Jugoslawienkrise so gewesen, sagte sie. Viele Flüchtlingseltern leben auf engstem Raum, da gibt es Spannungen. Außerdem versuche manch einer, seine schlimmen Erlebnisse mit Alkoholmissbrauch zu kompensieren. Schwierig kann es auch für die Kinder werden, die von ihren Eltern im Sinne ihrer Kultur erzogen werden. "Das dringt meist erst sehr spät nach außen", weiß Merkl-Griesbach.

21,5 Millionen Euro hatte man im vergangenen Jahr für das Jugendamt im Haushalt eingeplant, heuer werden es nur knapp 17 Millionen sein. Für die minderjährigen Flüchtlinge, die allein nach Deutschland kommen, sind etwa fünf Millionen Euro veranschlagt - in der Hoffnung dass die Zahl nicht drastisch steigt, sondern in etwa gleich bleibt. Allerdings lässt es sich nur schwer einschätzen, was wirklich nötig ist. 2016 hat das Jugendamt für diese Gruppe bisher knapp 2,57 Millionen Euro ausgegeben. Die Kosten für Integrationshelfer, stationäre Unterbringung seelisch Behinderter und Kindertagespflege sind um sechs Prozent gestiegen.

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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