Starnberg:Lernen mit Freude und Lebenslust

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Beim Tag der offenen Tür können sich die Eltern beraten lassen und bereits tiefe Einblicke in die pädagogische Ausrichtung der Schule gewinnen. (Foto: Georgine Treybal)

Behinderte oder lerngestörte Kinder werden an der Franziskusschule ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert

Von BLanche Mamer, Starnberg

Fatima setzt konzentriert einen Stich an den anderen. Gegenüber sitzt Martin an einem Strickrahmen, sein grüner Schal soll noch diese Woche fertig werden. "Achtzehn" sagt er und deutet auf seine Brust: Er ist 18 geworden, und das soll jeder Besucher beim Tag der offenen Tür in der Franziskusschule erfahren. Vor ihm liegt ein Piktogramm, das einen stilisierten Kopf mit einem Finger auf dem Mund zeigt. Doch Martin ist viel zu aufgeregt, um sich daran zu halten. Fünf Schüler sitzen im Handarbeits- und Werkraum der zehnten Klasse der Berufsschulstufe in der Starnberger Franziskus-Schule und arbeiten entsprechend ihren Neigungen und Fähigkeiten. In der Regel findet dieser Unterricht vier Stunden am Dienstagvormittag statt. Das ist eine lange Zeit der Konzentration, weiß die Werklehrerin. Es ist Teil der Vorbereitung aufs Erwachsenenleben, das in der Schule geübt wird: Wichtige praktische Themen wie Arbeit und Beruf, Wohnen als Erwachsener, Leben in der Öffentlichkeit. Welche Ämter sind wichtig, wo finde ich was, welche Angebote gibt's für die Freizeit, sozialenSpielregeln, Unterschiede zwischen Freunden, Lebenspartnern, Kollegen und vieles mehr, was mühsam eingeübt werden muss.

Beim Tag der offenen Tür kommen viele Eltern mit ihren Kindern, um sich zu informieren und beraten zu lassen. Sie werden von Merven und Anna und Betreuerin Christine Kutter begrüßt. Jeder Besucher muss eine Murmel in ein Glas werfen, dann bekommt er das Programm und die Richtung gezeigt. Einige Eltern werden ihre Kinder später anmelden oder sich doch für ein Jahr Förderkindergarten als schulvorbereitendes Lernen entscheiden.

Etwa 80 Schüler mit geistiger Behinderung, umfassenden Entwicklungsverzögerungen oder starken Mehrfachbehinderungen werden derzeit in der Franziskus-Schule der Lebenshilfe Starnberg in acht jahrgangsgemischten Klassen betreut und gefördert. Im Durchschnitt sind zehn Kinder in einer Klasse, gezielt kann auf individuelle Lernerfordernisse eingegangen werden. Auf Grund- und Mittelschulstufe folgt die dreijährige Berufsschulstufe. "Lernen mit Freude und Lebenslust", sagt Schulleiterin Ricarda Friderichs, sei das Leitmotiv. Besonderen Spaß macht die Zusammenarbeit mit der Partnerklasse in der Grundschule Söcking. Durch gemeinsamen Unterricht in Handarbeit/Werken, Sport, Musik oder Sachkunde profitieren die Schüler enorm und werden besonders angespornt. "Für die Sprachförderung ist das Miteinander sehr wichtig", sagt Pädagogin Bettina Müller-Furtner. Ebenso für Sozialkontakte: die Kinder werden von Freunden aus der Regelklasse zum Spielen eingeladen oder zu Geburtstagsfeiern. Ein Non-Stop-Film zeigt den gemeinsamen Unterricht. Im fröhlichen Durcheinander in der Turnhalle oder an Gruppentischen ist nicht auszumachen, welches Kind an einer Behinderung oder einer Lernstörung leidet.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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