Starnberg:Kulturwelle vor dem Aus

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Die Finanzierung des Terminkalenders im Internet ist nicht mehr gesichert, die Blogs sind schon eingestellt. Und die im Tourismusverband vertretenen Bürgermeister zögern, frisches Geld herauszurücken

Von Otto Fritscher, Starnberg

Punkt drei auf der Tagesordnung klang harmlos, beinahe langweilig: "Sachstand Kulturwelle5.de, Bericht der Firma Yearning Communication", stand da auf dem Papier, das am Montagvormittag vor den Verbandsräten des Tourismusverbandes Starnberger Fünfseenland lag. Doch die Brisanz wurde schnell deutlich, als Bernhard Sontheim, Vorsitzender des Tourismusverbands und Feldafinger Bürgermeister, seinen verdutzten Kollegen kundtat: "Wenn wir nicht mehr Geld investieren, wird die Kulturwelle im Internet morgen abgeschaltet, da das Geld aufgebraucht ist." Was nicht nur für Erstaunen, sondern bei Weßlings Bürgermeister Michael Muther gar für Verärgerung sorgte. "Jedes Jahr eine Steigerung, die Kosten explodieren. Da mache ich nicht mehr mit."

Die Internet-Seite Kulturwelle5.de ist ein Projekt, das der Tourismusverband im Mai 2012 gestartet hat: ein Internet-Portal, in dem tagesaktuell alle kulturellen Veranstaltungen, die im Landkreis Starnberg und darüber hinaus in Münsing, Seeshaupt, Bernried und Dießen stattfinden, aufgelistet sind. Dazu gab es Blogs - tägliche Kolumnen im Internet -, die von lokalen Kulturjournalisten verfasst wurden. Die Blogs sind wegen Geldmangels aber bereits seit einiger Zeit eingestellt.

Nun steht offenbar die gesamte Kulturwelle5.de, so der offizielle Name, vor dem Aus. Wenn die Verbandsräte, zumeist die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden, nicht noch in letzter Minute Geld nachschießen, das im Haushalt 2015 des Verbands eigentlich bereits anderweitig verplant ist. Dort sind lediglich 5000 Euro für die Kulturwelle vorgesehen, die schon im ersten Quartal 2015 aufgebraucht wurden.

Nötig wären laut Sontheim mindestens noch mal 25 000 Euro. In den Jahren 2013 und 2014 hatte sich der Tourismusverband das Prestigeprojekt, ein Lieblingskind von Sontheim, rund 36 000 Euro jährlich kosten lassen. Die Kosten seien durch die Ausweitung des Angebots gestiegen, erklärte Jörn Kachelriess, Geschäftsführer der Agentur Yearning Communication aus Gauting, der die Kulturwelle5 von Anfang an im Auftrag des Verbandes betreut: "Wir nehmen immer mehr Veranstaltungen auf. Und da sind keine Kindergeburtstage dabei. Dafür braucht man eigentlich eine Halbtagesstelle." Kachelriess präsentierte auch Zahlen: Bis zu 450 Besucher nutzen die Internetseite am einem Tag, 9107 kulturelle Veranstaltungen sind bisher insgesamt erfasst worden; dazu kommen 1206 Artikel in den Blogs. "Wir sind blauäugig gestartet, wir wussten zwar, dass hier viel los ist, aber nicht, wie viel", erklärte Kachelriess. Das hat sich der Tourismusverband seit 2012 knapp 40 000 Euro jährlich kosten lassen. Externe Finanzquellen zu erschließen, scheidet nach Ansicht von Kachelriess aus. Anzeigen würden die Neutralität infrage stellen, Sponsoren gebe es nicht, die Veranstalter zur Kasse zu bitten, scheide aus: "Die haben selbst kein Geld."

Doch die Sache ist durch einen im vergangenen Dezember gefassten Beschluss noch verzwickter geworden: Tourismusinfo und Büroräume des Verbands sind umgezogen, in größere Räume an der Hauptstraße in Starnberg, die auch deutlich teurer sind. Die höheren Mietkosten sollten durch Einsparungen bei der Kulturwelle gegenfinanziert werden, so der Beschluss. Doch für diese bleiben jetzt gerade mal 5000 Euro im aktuellen Haushaltsentwurf. Und mehr Geld, so ließen es die Äußerungen der Bürgermeister vermuten, wird es nicht geben. So ruderte auch Sontheim zurück, angesichts des Gegenwinds, den er in den Äußerungen diverser Bürgermeister verspürte. Ohne Beschlussfassung beendete er die Debatte. Noch vor Pfingsten soll es eine Sondersitzung geben, in der über den Haushalt und damit das Schicksal der Kulturwelle entschieden wird.

© SZ vom 05.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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