Starnberg:Kühne Pläne

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Erste Ideen zur Gleisverlegung gab es schon 1898

Als die Eisenbahnstrecke München-Starnberg am 28. November 1854 eröffnet wurde, begann im Fischerdorf mit seinen gerade mal 600 Einwohnern eine neue Zeit: Das Leben veränderte sich stark mit der zunehmenden Mobilität. Die Bevölkerungszahlen wuchsen rasant: Künstler und Gelehrte, aber auch Kaufleute und Adelige zog es hinaus aufs Land, überall an den Seeufern entstanden schmucke Häuser und Sommervillen. Und im Sommer kamen Tausende nach Starnberg für ein paar schöne Stunden am Wasser. Die Bahn war dabei stets Motor für diese Entwicklung - erst recht von 1972 an mit dem Anschluss an das S-Bahn-Netz. Doch für die städtebauliche Entwicklung Starnbergs war die Lage der Bahnstrecke entlang des Seeufers fatal.

Joseph Ritter von Baader (1763 bis 1835) hatte erste Pläne für eine Bahnlinie von München nach Starnberg entwickelt, erst zwei Jahrzehnte später realisierte Baurat und Unternehmer Johann Ulrich Himbsel (1787 bis 1860) das Projekt: Mit Genehmigung von König Maximilian II. entstand die Bahnlinie 1854 in Rekordzeit. Aber es gab auch Schwierigkeiten: Einige Starnberger Grundbesitzer etwa forderten absurd hohe Ablösen, die Gleise führte man deshalb teils um die Anwesen herum. Für Bahnhof und Gleise musste sogar Seegrund aufgeschüttet werden.

Die Bahn war bei allem Segen aber auch ein Ärgernis. Mehrfach hat es Ideen und Pläne zur Verlegung der Gleise gegeben, recherchierte Lutz J. Janssen. 1898 etwa forderte ein "Komitee zur Förderung der Entwicklung Starnbergs" in einer Bittschrift die Änderung der Verhältnisse: Der Bahnhof See sollte als Sackbahnhof in Richtung Schiffswiesen verlegt werden, Fernverkehr-Gleise in Richtung Garmisch sollten nordwestlich außerhalb der Stadt verlaufen. 1913 schlug der Magistrat vor: einen Sackbahnhof in Seenähe für den Lokalverkehr und eine Umfahrung für den Fernverkehr westlich der Stadt. Eine sehr elegante Lösung fand 1933 Diplom-Ingenieur M. Burger: Bahnhof nördlich der Ludwigstraße, Tunnel von der Kaiser-Wilhelm-Straße bis zum Undosa. In der NS-Zeit gab es 1936/37 einen sehr kühnen Vorschlag der Stadt Starnberg: Neben einem Sackbahnhof für den lokalen Verkehr zum See sollte tief unter dem Schlossberg ein Tunnel-Hauptbahnhof für den Fernverkehr entstehen.

Der Zweite Weltkrieg vereitelte dieses Vorhaben. Der "Land- und Seebote" veröffentlichte 1949 die Ideenskizze für einen Bahntunnel. Zuletzt entwickelten die Architekten Walter Graber sowie Alexander Walter neue Varianten zur Tunnellösung, die aber beide aus Kostengründen verworfen worden sind.

© SZ vom 01.08.2015 / phaa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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