Starnberg:Kreisräte treten auf die Bremse

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Ausschuss schreckt vor Kosten von Mietradsystem und Machbarkeitsstudie zurück

Von Michael Berzl, Starnberg

Auf einem schnellen E-Bike können die Finger bei den derzeitigen Temperaturen schon einmal etwas klamm werden. Der Pöckinger Bürgermeister Rainer Schnitzler lässt sich davon jedoch nicht beirren, er verzichtet aufs Auto und steigt lieber aufs Rad, wann immer es möglich ist. Zum Beispiel zu Ausschusssitzungen im Starnberger Landratsamt. "Ich bin ein begeisterter Radfahrer", beteuerte er dort diese Woche im Umweltausschuss. Aber auch für ihn gibt es Grenzen, wenn es darum geht, diese Art der Fortbewegung aus öffentlichen Mitteln zu fördern. "Wir können nicht für alles, was gut ist, viel Geld ausgeben. Da muss schon ein gewisses Kosten-Nutzen-Verhältnis gewahrt sein", sagte er. Und da gab es im Ausschuss gleich mehrere Beispiele, wo er und andere Kreisräte ihre Zweifel hatten.

Beispiel Mietradsystem: Für ein landkreisweites Netz in Zusammenarbeit mit der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit zwei Verleihstationen pro Gemeinde hat die Kreis-Verkehrsmanagerin Susanne Münster Investitionskosten von mehr als 700 000 Euro ausgerechnet; dazu kämen noch jährliche Folgekosten. Vergeblich hat sich der Landkreis bei einem Bundeswettbewerb um Fördermittel beworben. Angesichts der finanziellen Belastungen reagierte nicht nur Landrat Karl Roth sehr skeptisch und stellte die Frage in die Runde, "ob wir den nächsten Schritt tun sollen". Schließlich war man sich einig, dieses Projekt, so wie es von der Verwaltung vorgesehen war, vorerst lieber nicht weiter zu verfolgen. Roth kündigte aber am Donnerstag im Kreisausschuss an, das Thema in der Oktobersitzung nochmals auf die Tagesordnung zu bringen.

Ähnlich sieht es bei einer Machbarkeitsstudie für Radschnellverbindungen aus, die ebenfalls mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Fünf Korridore bis zur Außengrenze des Landkreises München sollen dabei untersucht werden; nun steht zur Debatte, ob sich der Landkreis an der Verlängerung von Planegg bis Starnberg beteiligt. Pro Kilometer veranschlagt die Stadt München bis zu 10 000 Euro; auf den Landkreis Starnberg kämen also Ausgaben von maximal 120 000 Euro zu. Allerdings nur für eine Untersuchung, gebaut wäre damit noch kein Stück Weg. "Das ist mir zu viel", sagte Landrat Karl Roth. "Allein die Studie nützt mir nichts, weil ich den Grund für einen vier Meter breiten Weg gar nicht bekomme. Das Ding liegt dann bei uns in der Schublade". Und CSU-Kreisrat Max Stürzer warnte: "Draußen wird geschimpft, ob wir verrückt sind, wenn wir so viel Geld ausgeben". So wollen die Starnberger Kreisräte erst einmal weitere Informationen aus München abwarten, ehe sie entscheiden, ob sie tatsächlich so viel Geld für eine Studie ausgeben wollen.

Damit das Radeln attraktiv ist, müssen auch die bereits vorhandenen Wege intakt sein. Schäden und Mängel könnten via Internet dem Landratsamt gemeldet werden. Dafür wurde vor fünf Jahren ein Online-Schadensmelder eingerichtet, der aber kaum benutzt wird. Heuer gab es vier Einträge, im vergangenen Jahr ein halbes Dutzend und im Jahr 2016 ebenfalls nur vier. Vor allem der Zustand von Radwegen oder Umleitungsbeschilderungen wurden moniert. Die eingegangenen Mängelanzeigen würden "zeitnah" gesichtet, geprüft und an die zuständigen Stellen weitergeleitet, versicherte das Landratsamt. Wer sich meldet, erhalte eine Mitteilung über das weitere Vorgehen. Die Grünen hatten in einem Antrag kritisiert, dass das Meldesystem nicht effektiv arbeite und Mängel "meist sehr lange unbearbeitet" blieben.

Das Meldesystem des Landratsamts soll nun mehr publik gemacht werden, denn die Verwaltung vermutet, dass es so wenig genutzt wird, weil es noch kaum bekannt ist. Die Meldeplattform "Radar", die während des Stadtradelns in einigen Gemeinden freigeschaltet wurde, hält die Landkreisverwaltung nicht für zuverlässig. Keine einzige Mängelanzeige im Zuständigkeitsbereich des Landkreises habe die Verwaltung bisher erreicht.

Um herauszufinden, wie sich das Radfahren attraktiver gestalten lässt, fahren die Kreisräte im Oktober nach Konstanz. Dort hören sie sich Vorträge über ein kreisweites Radwegekonzept, über ein Transportmietradsystem und moderne Fahrradabstellanlagen an.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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