Starnberg:Kreativer Blickwinkel

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Als Beitrag zum Festival "kunst & gesund" zeigen die Mitglieder des Vereins Die Fotowilden in der Schlossberghalle die Ausstellung "Anders sehen". (Foto: Arlet Ulfers)

Die "FotoWilden" präsentieren ihre Workshop-Arbeiten

Von Katja Sebald, Starnberg

"Anders sehen" heißt die Ausstellung des Vereins "Die FotoWilden", die seit Samstag im Foyer der Starnberger Schlossberghalle bis 12. Juli zu sehen ist. Bereits im April fand der Workshop statt, nun werden die Ergebnisse präsentiert als Beitrag zum Festival "kunst & gesund", das vom Netzwerk "Stadtkultur" derzeit in 21 bayerischen Städten ausgetragen wird.

Glaubt man den Veranstaltern, leben in Starnberg ohnehin die gesündesten Menschen des Freistaats. Glaubt man Marlen Peix, setzt Fotografieren positive Energien frei, die Seele und Körper gut tun. Für ihr Engagement im Fotoverein für Menschen mit und ohne Behinderung wurde die Starnberger Künstlerin und Physiotherapeutin Peix mit dem "Grünen Wanninger" ausgezeichnet; für den Tassilo-Preis der SZ war sie 2018 nominiert. Inklusion war das Anliegen des Fotoprojekts, das Peix 2009 im Rahmen der Oberbayerischen Kulturtage Starnberg ins Leben rief. Ein Jahr später gründete sie "Die FotoWilden".

Durch ihren Beruf hat sie keine Berührungsängste und gibt Hilfestellungen und Tipps, wie man trotz Handicap fotografieren kann. "Fotografie ist eine der vielen Möglichkeiten, gegenseitige Anerkennung, Teilhabe und Integration im Alltag zu leben", sagt Peix. Die Mitglieder treffen sich einmal im Monat zu Exkursionen, Kurzvorträgen und Bildbesprechungen, zudem organisiert Peix regelmäßig Ausstellungen. "Anders sehen" war Ziel und zugleich Ausgangspunkt des Workshops, in dem die Teilnehmer kreative Blickwinkel und ungewöhnliche Motive suchen sollten, mit Hilfe digitaler Bearbeitung eine Bildaussage entwickeln oder Techniken ausprobieren konnten. "Alle schauen auf dasselbe Gemälde oder dieselbe Landschaft, aber jeder sieht darin etwas anderes", berichtet Peix über lebhafte Diskussionen.

Ergebnis sind rund 40 Bilder von 19 Fotografen, die Bandbreite ist enorm: Der eine hat auf den Boden einer Kiste einen Spiegel montiert und generiert damit verwirrende Ausblicke in die Landschaft. Ein anderer positionierte sich mit der Kamera so, dass er einen zwergenhaft kleinen Menschen unter dem im Vordergrund aufgestellten Schirm eines Riesen gesehen hat. Es gibt atemberaubende Aufnahmen von Wolkenformationen oder Wellen am Meer. Bilder voller Poesie, die entstanden, weil der Fotograf etwas gesehen hat, was andere übersehen hätten. Und Bilder, die im richtigen Moment entstanden: Eine auf dem Tresen schlafende afrikanische Zeitungsverkäuferin; eine Marmorstatue, die sich im Fenster hinter der Wäscheleine auf einem süditalienischen Balkon spiegelt.

Manche Bilder beziehen ihren Reiz aus gekonntem Spiel mit Unschärfen, andere erinnern nur an ein Foto, weil sie am Computer generiert wurden. Manche Bilder erzählen einen kleinen Roman - etwa vom Fischlein, das in eine Pfütze auf einem Seerosenblatt gesprungen ist. Und manche wollen einfach nur Schönes zeigen, wie die Lockenpracht einer Teilnehmerin, die ihren Kopf auf den Scanner legte. "Anders sehen" kann jeder. Dabei spielt es keine Rolle, wer mit Raffinesse oder professionell fotografiert, und wer womöglich aufgrund einer Behinderung eine besondere Sichtweise auf die Welt hat.

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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