Starnberg:Koffer packen

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Detlef Heinrich schließt sein Lederwarengeschäft "Bagboard" am Starnberger See-Bahnhof zum Ende des Jahres. (Foto: Arlet Ulfers)

Detlef Heinrich schließt sein Lederwarengeschäft "Bagboard"

Von Otto Fritscher, Starnberg

Es ist eine Geschichte, die man in diesen Tagen öfters hört: Ein Einzelhändler schließt, weil er sich gegen die Konkurrenz von Amazon & Co. nicht gewappnet sieht. Auch Detlef Heinrich, Inhaber des Taschen- und Koffergeschäfts "Bagboard" am Starnberger Bahnhofsplatz, sagt: "Der Internethandel macht uns schwer zu schaffen. Viele Menschen lassen sich hier bei mir beraten und bestellen dann doch im Netz." Ein Trend, der sich in der letzten Zeit so verstärkt und verschärft habe, dass Heinrich das Geschäft nun zum Jahresende schließen wird. "Das tut mir schon leid, das Geschäft ist ja schließlich mein Baby."

Wobei sein Geschäft nun beileibe nicht mehr neu ist, vor zehn Jahren hat Heinrich den Laden, direkt neben dem Taxistand, eröffnet. Gefunden hatte er es über eine Anzeige in einer Fachzeitschrift der Lederwarenbranche. Heinrich ist nicht neu in der Lederwarenbranche. Er hat - vor dem Wechsel nach Starnberg - in München in diversen Fachgeschäften gearbeitet, Taschen und Reisegepäck verkauft. "Ich habe mir in Starnberg im Lauf der Zeit schon Stammkunden erworben, aber auch von denen wandern immer mehr ins Internet ab." Er selbst habe den Zug ins Netz verpasst, glaubt Heinrich. "Wenn ich jetzt noch einen Online-Shop eröffne, findet mich zum einen keiner auf Google. Und zum anderen haben die großen Koffer- und Taschenhersteller eigene Homepages im Internet. Da bin ich einfach zu spät dran", sagt Heinrich.

Auch einen anderen Grund, den viele Geschäftsleute anführen, will Heinrich nicht gelten lassen. "Nein, ich habe keine drastische Mieterhöhung bekommen." Die Deutsche Bahn ist Eigentümer der Häuserzeile, in der auch noch eine Bäckerei und ein Modeladen untergebracht sind. Allerdings ist das Gebäude laut Heinrich nicht im bestem Zustand, durch die Türspalten zieht es herein, die Fenster sind nur einfach verglast. Dennoch hat es Heinrich geschafft, eine moderne Atmosphäre in seinen Räumen zu schaffen, mit viel Licht. Und dann noch dies: "Der Starnberger Tunnel ist für mich auch noch ein großes Thema, das mich bewegt. Ich denke, in der Bauzeit bekommt der ganze Einzelhandel in der Stadt ein Problem."

Heinrich weiß auch schon, was er nach der Geschäftsaufgabe machen wird. "Ich werde dann Praxisassistent in einer Augenarztpraxis", sagt er, "fange gleich im Januar in München an." Ein krasser Wechsel. Das kam so: "Ich war in Südtirol im Urlaub, und habe einem Freund auf der Hotelterrasse von der Geschäftsaufgabe erzählt. Am Nachbartisch saß das Arztehepaar, die haben mich angesprochen, weil sie einen Mitarbeiter suchen, der sich mit Service auskennt." Heinrich ist gelernter Hotelkaufmann, hat viele Jahre auch in der Hotellerie gearbeitet. "Der Augenarzt suche jemand, der einen guten Umgang mit den Patienten pflegen kann", erzählt Heinrich.

Vom Chef zum Angestellten also, nach 23 Jahren der Selbständigkeit. Ein Problem für Detlef Heinrich? "Nein", sagt der, "ich freu' mich drauf." Zudem habe er dann einen geregelten Feierabend und könne in Urlaub fahren, ohne an Umsatzzahlen oder Steuerberater denken zu müssen.

© SZ vom 02.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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