Starnberg:In blauer Tiefe

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Mit Gewichten erleichtern sich Apnoetaucher den Abstieg in die Tiefen des Meeres. (Foto: Arlet Ulfers)

Barbara Ehrmann setzt die Erfahrungen beim Apnoetauchen zu Videoarbeiten, Installationen und Bildern um

Von Katja Sebald, Starnberg

Auch wenn der Ausstellungsraum mit den dunkel abgeklebten Fenstern diesmal von außen recht abweisend wirkt, hätte es doch eine schöne, überaus poetische Ausstellung im Inneren sein können. Unter dem Titel "abgetaucht" zeigt die Künstlerin Barbara Ehrmann aus Ravensburg in der ehemaligen Schalterhalle des historischen Bahnhofs in Starnberg eine großformatige Videoarbeit, dazu eine Installation sowie Zeichnungen und Bilder in Wachs: Erinnerungsfragmente, Versinnbildlichungen existenzieller Körpererfahrungen, aber auch ganz reale Filmbilder bringt die Künstlerin von ihren eigenen Apnoe-Tauchgängen mit.

Beim Apnoetauchen, der ursprünglichsten Form des Unterwassersports ohne Atemgerät und Pressluft, atmet der Taucher an der Wasseroberfläche ein und benutzt für den gesamten Tauchgang nur diesen einen Atemzug. Ein ökonomisierter Sauerstoffverbrauch und die Fähigkeit zum Druckausgleich müssen dafür trainiert werden. Gemeinsam mit ihrem Mann Alexander Nelles filmt Ehrmann in den grünen oder blauen, manchmal düsteren und manchmal lichtgesprenkelten Tiefen des Wassers. Die Bilder von ihren eigenen, langsamen Bewegungen unter Wasser werden ergänzt durch skulptural anmutende Gitterformen, die an Fischreusen oder an Tauchkäfige erinnern mögen und die Ehrmann gleichsam umtanzt. Diese meditativen Videos sind eigentlich mit experimentellen Klängen vertont, am Eröffnungsabend wurden sie jedoch durch die fein abgestimmte Live-Musik der Flötistin Anne Krafft ergänzt.

Apnoe-Taucher beschweren sich beim Weg nach unten zuweilen mit Steinen und Gewichten. Neben der Videowand zeigt Ehrmann deshalb unter dem Titel "Apnoe" eine Installation, bestehend aus einer Halbfigur und einem "Gewicht" aus Pappmache. Trotz der schwarzen Farbe und einer gewissen Abstraktion wirkt diese Arbeit eher plakativ. Das gilt aber nicht für die ebenfalls ausgestellten Zeichnungen, in denen Ehrmann mit Wachsschichten, Farbschichtungen und Überlagerungen aus Papier experimentiert. Auch hier sind die schwarze Figur des Tauchers, seine Gewichte und die Fischreusen auszumachen, man kann auch Luftblasen und Atemströme, vielleicht sogar Fische und Wasserpflanzen assoziieren. Zuweilen erscheinen diese "Unterwasserwelten" aber auch verklärt, sie wirken hinter milchigen Wachs- oder Papierschichten zartfarbig, wie in gedämpftem Licht und voller Geheimnisse.

Wie anfangs gesagt: Es hätte eine schöne und durchaus poetische Ausstellung mit dem passenden Titel "abgetaucht" werden können. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum sie durch die abgeschmackt-belanglosen Fotomontagen von Andreas Rumland ergänzt wurde, die allein räumlich und erst recht ästhetisch die Zeichnungen bedrängen und mit ihrer grellen Ausleuchtung die stimmungsvoll-stillen Videoarbeiten stören.

Die Ausstellung wurde im Rahmen der Reihe "nah - fern" von Katharina Kreye, Ulrike Prusseit und Ursula Steglich-Schaupp kuratiert und wird vom Kulturamt der Stadt Starnberg veranstaltet. Sie ist noch bis zum 13. November jeweils freitags in der Zeit von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr im historischen Bahnhof am See in Starnberg zu sehen.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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