Starnberg:Hilfe statt Strafe

Lesezeit: 2 min

Die Zahl der jugendlichen Straftäter im Landkreis ist 2015 zurückgegangen

Von Matthias Pfeiffer, Starnberg

251 straffällige Jugendliche haben Richter und Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr an die "Brücke Starnberg" vermittelt. Das sind weniger als im Vorjahr, denn 2014 wurden noch 279 Heranwachsende an den Verein verwiesen. Dieser feierte im November letzten Jahres sein 35-jähriges Bestehen. Sein Ziel ist es immer noch, straffällige Jugendliche durch pädagogische Maßnahmen wie Sozialstunden wieder auf die rechte Bahn zu bringen. Nun hat die Brücke ihren Jahresbericht für das Jahr 2015 veröffentlicht.

Der Vorsitzende Gerd Weger musste die gute Stimmung trotz allem ein wenig trüben. "Bei den Zahlen handelt es sich um keinen Trend nach unten, sondern eher um ein Intervall". Vorerst können also noch keine Prognosen gegeben werden. Sieht man im Jahresbericht auf die Zahl der Delikte, so ist Diebstahl immer noch auf Platz eins. Allerdings ist die Zahl von 62 auf 56 gesunken. Ebenfalls haben sich Körperverletzungen mit 23 Vorfällen um 18 verringert. Ein Anstieg ist hingegen bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu erkennen; statt der 39 Delikte im Jahr 2014 werden nun 53 gelistet. In diesem Zusammenhang spricht Weger auch davon, dass das Arbeitsfeld immer komplizierter wird, weshalb vermehrt psychologische Hilfe vonnöten ist.

Michaela Fischhaber, Mediatorin für Strafsachen, berichtete, dass immer wieder "psychische Auffälligkeiten" als Nebenwirkung auftreten. "Bei vielen jungen Männern entsteht Verfolgungswahn". Bei diesen stehen Drogendelikte auf Platz eins der Liste, Mädchen und junge Frauen begehen am häufigsten Diebstähle.

Neben der psychologischen Beratung und Weitervermittlung steht vor allem die Ableistung von Sozialstunden im Vordergrund. 5934 Stunden wurden im vergangenen Jahr verhängt. Mitarbeiterin Corinna Büge spricht davon, dass diese Art der Wiedergutmachung oft positiv angenommen werde. Anlässlich einer Umfrage im Rahmen der 35-Jahr-Feier gaben 85 Prozent der Jugendlichen ein positives Feedback zu ihren Erfahrungen. "Das ist auch eine Form der Wiedergutmachung", so Büge. "Viele haben ein schlechtes Gewissen und nehmen das gerne an."

Manchmal dienten die Sozialstunden auch als Orientierung für das spätere Berufsleben. Hier sehen die "Brücke"-Mitarbeiter auch Sinn und Zweck des Jugendstrafrechts. Die Strafe steht hinter dem Lern-Aspekt, den Jugendlichen soll geholfen werden, ihre Schuld einzusehen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Von den 18 Einsatzstellen im Landkreis wurden die meisten Sozialstunden im Starnberger Wasserpark abgeleistet. Dessen Renovierung stellt die "Brücke" nun natürlich vor ein Problem. Laut Gerd Weger bot sich dieser Arbeitsplatz besonders gut an, da hier an den Wochenenden, außerhalb von Schule und Ausbildung gearbeitet werden konnte. Weiterhin werden bei der Brücke auch Maßnahmen wie der Täter-Opfer-Ausgleich oder Leseweisungen durchgeführt. Bei dieser therapeutischen Methode beschäftigt sich der Jugendliche mit einem Jugendbuch, das zu seiner Situation passt.

Im Gegensatz zum vorletzten Jahr sind die Gymnasiasten mit 44 Personen nicht die Spitzenreiter, sondern die Absolventen der Mittelschule mit 56 Jugendlichen. Auch bei den Herkunftsgemeinden zeigen sich Unterschiede: Starnberg führt die Tabelle nun nicht mehr an. Mit 51 Vermittelten liegt die Stadt knapp hinter Gauting mit 54 Tätern. Wirklich erstaunlich ist der Blick auf Gilching. Die Zahl der jugendlichen Straftäter ist von 40 auf 30 zurückgegangen. Ebenfalls erstaunlich ist, dass die "Brücke" nur drei Mitarbeiter hat. Da einer davon auch nicht mehr lange im Dienst sein wird, muss ein Nachfolger gesucht werden. Für die Bewerbung ist ein abgeschlossenes Sozialpädagogik-Studium notwendig.

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: