Starnberg:Heitere Stimmung

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Die "Nacht der langen Tafel" in Starnberg ist zum beliebten Treffpunkt der Einheimischen geworden

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Die Liegestühle an der Bar vor dem Starnberger Kirchplatz sind alle belegt. Andere Besucher stehen an Bistrotischen und lassen sich ihren Aperitif schmecken. Nebenan spielt fetzige Musik. "Es ist fast wie in Italien", sagt ein Mann. Auf dem sonst so wenig belebten Kirchplatz drängen sich heute die Starnberger. Alle Bierbänke sind dicht besetzt. Zunächst hatte es geregnet. Doch wieder einmal hatten die Starnberger Glück. Pünktlich zur Eröffnung der "Nacht der langen Tafel", am Samstag um 18 Uhr, hört es auf zu regnen, und es wird eine laue Nacht.

Stadtförderin Sarah Buckel und ihr Team wischen schnell die nassen Bänke sauber und zünden die Kerzen auf den Tischen an. "Das ist wirklich super organisiert, ein netter Service", lobt Stefanie Reinhard-Kufer und zeigt auf die mit Muscheln und Sand dekorierten Tischlichter. Daneben liegen Speisekarten mit Infos, was es an welchen Ständen zu kaufen gibt.

Erstmals fand die Nacht der langen Tafel zur 100-Jahr-Feier der Stadt statt. Seither hat sich das Fest zu einer lieb gewordenen Tradition entwickelt. "Es ist ein tolles Fest von Starnbergern für Starnberger", freut sich Sylvia Huber. "Hier trifft man tatsächlich noch die Einheimischen", sagt Stadtrat Thomas Beigel. "Das Fest ist ein Selbstläufer geworden", meint sein Ratskollege Winfried Wobbe aus Wangen. Er bedauert lediglich, dass in seinem Ortsteil zur gleichen Zeit ein Dorffest stattfindet und man sich vielleicht künftig abstimmen sollte, damit man jede Veranstaltung besuchen könne. Dennoch seien erstaunlich viele Starnberger gekommen, stellt Bauhofmitarbeiter Holger Schmidt fest.

Die mehr als 200 Biertischgarnituren, die die Stadt in der für den Verkehr gesperrten Innenstadt entlang Wittelsbacher-, Ludwig-, Maximilian- und Zweigstraße aufgestellt hat, sind schnell besetzt. Viele der Besucher haben Picknick-Körbe mitgebracht und fahren regelrechte Gourmetmenüs auf, serviert auf Omas Porzellan und feinen Kristallgläsern. "Es ist ein wunderschönes Flair, richtig vornehm", stellt Renate Wagner fest. Die Vorsitzende des Kneipp-Vereins hat sich mit rund 20 Mitgliedern verabredet, es herrscht eine heiter-lockere Stimmung. "Man trifft hier immer nette Leute", freut sich Sabine Grießhammer. Sie wohnt in der Innenstadt und hat zusammen mit ihren Freundinnen spontan einen Flohmarkt organisiert. Die Besucher können an Kleiderständern wühlen oder gebrauchte Kinderspielsachen erwerben. An jeder Straßenecke steht eine andere Band, es wird Jazz gespielt, anderswo Schlager. An der Sektbar vor einem Feinkostgeschäft in der Maximilianstraße drängen sich die Leute. Die einen flanieren, andere kommen zum Sehen und Gesehen werden. Manche sind richtig aufgebrezelt, wie vier junge Mädchen in Cocktailkleidern und High Heels, die kichernd zusammenstehen. Dazwischen wuseln Kinder herum, spielen Fangen oder tanzen ungezwungen zur Musik. Eine ältere Dame hat sich richtig chic gemacht mit Florentinerhut, Spitzenbluse und einem schwingenden Rock. Als die Band "Two of us" den Song "A so a schena dog" anstimmt, lächelt sie verzückt und wippt mit den Füßen im Takt. "Tanzen sie", wird sie von einer Besucherin angefeuert. Doch die nette Dame, die schon lange im Rentenalter ist, lehnt ab. Zwar habe sie früher auf dem Tisch getanzt, erzählt sie. "Es liegt mir im Blut. Wenn ich Musik höre, muss ich spontan tanzen." Aber zur Schau stellen wolle sie sich nicht. Dann erhebt sie sich, strafft ihre Schultern und erklärt vornehm: "Entschuldigen Sie mich, ich habe noch andere Verpflichtungen."

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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