Starnberger Tafel:Hausverbot erteilt

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Sprach ein Hausverbot für einen Bedürftigen aus: Detlev Wagner von der Starnberger Tafel mit der Sprecherin der Tafel, Martina Klein. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein Bedürftiger bekommt den Unmut des Leiters der Starnberger Tafel bei der Ausgabe von Lebensmitteln zu spüren

Von Christiane Bracht, Starnberg

Auch nach der Vereinsgründung reißen die Querelen bei der Starnberger Tafel nicht ab. Im Gegenteil: Die Fronten haben sich offenbar verhärtet, der Ton verschärft. Bernhard Gais, ein Bedürftiger, hat den Unmut des Tafelleiters Detlev Wagner am Donnerstag besonders hart zu spüren bekommen. Als er um 13 Uhr auf den Hof der evangelischen Kirche kam, um sich zur Lebensmittelausgabe anzustellen, händigte ihm Wagner vor aller Öffentlichkeit ein Hausverbot aus und befahl ihm, zu gehen und nicht mehr wieder zu kommen.

"Ich bin doch auf die Kiste angewiesen", klagte Gais. Dieter Heinze, der die Tafel seit vielen Jahren sponsort und jetzt auch zum Initiatorenkreis des Tafelvereins gehört, zeigte sich schockiert. "Das können Sie doch nicht machen. Der Mann muss etwas zu essen bekommen. Er soll zumindest etwas mitnehmen", sagte er zu Wagner und erinnerte an den Zweck der Tafel, Hilfsbedürftige zu unterstützen. Doch dieser weigerte sich. "Es gibt Gründe, ihm das Essen zu verweigern", erklärte Wagner. Gais habe sich "tafelschädigend" verhalten und "Unruhe gestiftet". Die hinzugeeilte Tanja Unbehaun, die im Interimsvorstand ist, pflichtete dem Organisationsleiter bei: "Es gibt Regeln, und wer sich nicht daran hält, oder sogar wiederholt nicht daran hält, muss gehen." Gais habe sich "in die Belange der Tafelleitung und des Vereins in Gründung" eingemischt.

Stein des Anstoßes ist offenbar, dass Gais andere Bedürftige dazu aufgefordert hatte, einen Mitgliedsantrag auszufüllen und acht ausgefüllte Formulare kopiert hatte. "Das verstößt gegen das Datenschutzgesetz. Dafür ist eine schriftliche Einwilligung nötig", empörte sich Martina Klein, die für die Öffentlichkeitsarbeit im neuen Verein zuständig ist. Zur Rede gestellt, erklärte Gais, er habe dies mit Bürgermeisterin Eva John abgesprochen und ihr auch die Originale übergeben. Wagner wollte dies nicht gelten lassen. "Das ist keine nachvollziehbare Antwort. Das ist Sache des Vorstands", herrschte er Gais an. John ist Schriftführerin des Interimsvorstands. "Das hat mit Vertrauen zu tun. Wir wollen sicher gehen, dass alle Mitgliedsanträge ankommen. Im übrigen habe er die Einwilligung der Betroffenen gehabt", so Gais.

Ein weiteres Problem bei der Tafel ist wohl die Behandlung von Flüchtlingen, die in großer Zahl jeden Donnerstag auf den Kirchhof kommen. Viele Einheimische fühlen sich benachteiligt, und auch einige Helfer berichten immer wieder, dass junge Flüchtlinge zuerst bedient werden und für manch einen Starnberger nachher nicht mehr genug da ist. Gais hatte deshalb an einem Donnerstag im Januar begonnen, Unterschriften zu sammeln, um die Organisationsleitung der Tafel dazu aufzufordern, zuerst die Starnberger zu den Lebensmitteln zu lassen und erst danach die Asylbewerber. Als Wagner davon Wind bekam, verbot er die Aktion sofort. Jetzt lieferte sie ihm den zweiten Grund für das Hausverbot. "Gais treibt einen Keil hier hinein", erzürnte er sich. Während Unbehaun sich beeilte zu erklären, dass etwas mehr Starnberger eine Berechtigungskarte für die Tafel hätten als Flüchtlinge und dass nach einem ausgeklügelten System fair verteilt werde. "Es kommen aber immer weniger Starnberger", bemerkte Gais. Dies entspricht auch der Beobachtung mehrerer Helfer. Unbehaun wies Gais zurecht: "Du hast die Regeln nicht zu hinterfragen."

"Es ist eine heiße Kiste, jemandem das Essen zu verweigern", warf Heinze empört ein. Gais bekam dennoch nichts. Erst zwei Stunden später überlegte es sich das Organisationsteam anders. Eine Kiste mit Lebensmitteln werde für ihn zusammengestellt, er könne sie sich am Nachmittag abholen, erklärte Klein der SZ. "Wir verweigern niemandem Speis und Trank."

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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