Starnberg:Hanne und das Huhn

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Regisseur Dominik Graf stellt sein Fernsehdrama vor

Ein Schatten taucht auf, fair ist das nicht. Hanne Dührsen hat ihr Leben im Griff, sie ist patent, witzig und kontrolliert kühl. Als sie in den Ruhestand geht, überschlägt sich ihr Chef mit dem Porsche auf der Autobahn, sie hält die Abschiedsrede deshalb gleich selbst, sie hat ja auch das Manuskript geschrieben. Außerdem muss das Leben weitergehen. Muss es das? Womöglich bleiben Hanne nur noch ein paar Monate Zeit: Weil sie sich die Krampfadern operieren lassen will, machen die Ärzte ein Blutbild, an einem Freitagnachmittag erfährt sie, dass sie vielleicht Leukämie hat.

Vielleicht, die endgültige Diagnose soll am Montag folgen. Männer würden sich jetzt durchgehend besaufen und in Selbstmitleid zerfließen. Hanne tritt eine Art Reise an und entdeckt das Abenteuer Leben, im Bewusstsein, dass alles bald zu Ende sein könnte: Sie freundet sich mit Uli an (zum Knuddeln: Petra Kleinert), die ein Dessousgeschäft und einen älteren Mann hat, der schreckliche Witze erzählt. Sie trifft eine vergessliche Jugendliebe (witzig: Herbert Knaup) und jagt mit einer Zugmaschine durch die Kiesgrube. Und landet bei einer schrecklich netten Familie und lernt, wie man ein Huhn rupft und Wochenbettsuppe kocht, ihr Sohn wird nämlich Vater und wünscht sich das für seine Frau.

Dominik Graf, der Regisseur des so norddeutsch schrulligen wie berührenden TV-Dramas "Hanne", ist zur Vorstellung des Films in die Schlossberghalle gekommen. Er redet mit Festivalchef Matthias Helwig über Arthouse-Filme, männliche Schauspiel-Zicken und seine Hauptdarstellerin Iris Berben, die früher "mit Minderwertigkeitskomplexen durch den Beruf gegangen" sei. Und er sagt: Wie im Märchen komme seine Hauptfigur in verschiedene Welten. Tatsächlich nimmt die wunderbar souveräne Berben den Zuschauer fast schon an der Hand und führt ihn durch die mit skurrilen Details gespickte Story. Und Graf gelingt es, einen schweren Stoff leicht zu machen, ohne ihm paradoxerweise viel von seinem Gewicht zu nehmen.

"Hanne": 10. September, 18 Uhr, Kino Seefeld.

© SZ vom 10.09.2018 / sum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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