Starnberg:Handwerk sucht Nachwuchs

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24 Auszubildende aus verschiedenen Innungen haben im Landkreis Starnberg die Gesellenprüfung mit teils sehr guten Leistungen geschafft. (Foto: Nila Thiel)

Heimische Innungsmeister blicken sorgenvoll in die Zukunft

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Handwerk hat goldenen Boden. "Die Aussichten sind vielversprechend", sagte Kreishandwerksmeister Ludwig Gansneder am Donnerstag auf der Freisprechungsfeier. Dennoch suchen die Handwerksbetriebe händeringend Nachwuchs. Laut Gansneder konnten im Vorjahr 1000 Ausbildungsstellen in Oberbayern nicht besetzt werden.

Insgesamt 27 Azubis sind im Landkreis zur Gesellenprüfung angetreten, nur drei haben es nach Angaben des Kreishandwerksmeisters nicht geschafft. Die restlichen 24 Jung-Gesellen hätten ihre Prüfung teilweise mit sehr guten Leistungen abgelegt. Laut Rupert Pfisterer, Obermeister der Schreiner-Innung, hatten die acht Lehrlinge in seinem Bereich mit einem Notendurchschnitt von 2,3 sogar "ein hervorragendes" Ergebnis erzielt. Wie Gansneder hervorhob, ist jedoch lebenslanges Lernen notwendig, um auf dem Markt bestehen zu können in Zeiten, in denen sich Technologien und Verfahren schnell ändern. Doch auch die Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung waren noch nie so gut wie heute. Wer die Meisterprüfung mache, stehen laut Gansneder sämtliche Möglichkeiten offen von der Selbstständigkeit bis hin zum Studium. Nach seinen Erfahrungen ist dies insbesondere im Bauhandwerk der Fall: Die Betriebe bilden aus, aber die Azubis stünden danach nicht mehr als Fachkräfte zur Verfügung.

"Es ist wichtig, dass man eine Lehre hat, sonst hat man als Ingenieur auf dem Bau keine Ahnung", sagt Benedikt Eitzenberger, der Bauingenieurwesen studieren will. Der 20-Jährige machte Abitur, dann trat er die Lehre an. Jetzt wurde er Innungssieger der Zimmerer- und Holzbau-Innung Starnberg und erhielt zudem für sein Dachstuhlmodell einen Preis für das beste Gesellenstück. Er könnte einmal den Handwerksbetrieb seines Vaters übernehmen, doch das weiß er jetzt noch nicht. Der 21-jährige Lois David Linus Witzstrock, der für sein Gesellenstück - einen Kleiderschrank - den Preis für "Gute Form" erhielt, ist sich nicht sicher, welchen Berufsweg er einschlagen will. Aber mit der Auszeichnung in der Tasche blickt er selbstbewusst in die Zukunft.

Im Lebensmittelhandwerk indes sieht düster aus. Michael Boneberger, Obermeister der Bäckerinnung, überreichte nur zwei Gesellenbriefe; 2017 habe es "keinen Einzigen" gegeben. Wie er erklärt, leiden lebensmittelverarbeitende Handwerksbetriebe unter starker Konkurrenz der Supermärkte und Discounter. "80 Prozent der Kunden kaufen in Billigläden. Wir sind gezwungen in Nischen auszuweichen." Er spricht vom Bäckereien-Sterben, für viele Betriebe seien die notwendigen Investitionen zu hoch. Ein neuer Ofen etwa koste 100 000 Euro. Da würden viele Betriebe lieber aufgeben. Weiterer Hemmschuh sind die hohen Lohnunterschiede.

In technischen Berufen bekämen Azubis bereits im ersten Lehrjahr das Doppelte bezahlt. Da kann das Lebensmittelhandwerk nicht mithalten. Und wenn man einen Azubi gefunden habe, würde der manchmal vom Mitbewerber abgeworben, berichtete der Innungsobermeisters.

"Im Lebensmittelbereich haben wir eklatanten Nachwuchsmangel", sagt Oliver Lutz, Obermeister der Metzgerinnung. Das gilt auch für den Verkauf. Nur einem Metzger konnte er den Gesellenbrief überreichen und zwei Fachverkäufern. Er weiß von mindestens fünf Innungsbetrieben, die sofort ausbilden würden. Er selbst würde das ganze Jahr über einstellen, doch es meldet sich niemand. Unverständlich, denn laut Lutz ist das Interesse am Produkt enorm - allerdings nur auf privater Ebene. Auch unter den Flüchtlingen findet er keinen Azubi. Lutz führt es darauf zurück, dass Muslime offenbar Vorbehalte haben gegen Schweinefleisch. Er hat jetzt einen Azubi aus Japan eingestellt.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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