Klage:Geheimsache in öffentlichem Interesse

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Die Stadt Starnberg klagt gegen den Freistaat wegen der Straßenausbaubeitragssatzung, die Argumentation bleibt unter Verschluss

Von Peter Haacke, Starnberg

"Sollen" heißt nicht "müssen" - und darauf baut die Stadt Starnberg mit ihrer Widerspruchsklage gegen den Freistaat: Seit Bürgermeisterin Eva John im Vorjahr die umstrittene Straßenausbaubeitragssatzung (STRABS) nur wenige Wochen vor den Stadtratsneuwahlen streichen ließ, das Landratsamt dies jedoch als rechtswidrig erachtete, herrscht Unsicherheit. Grundbesitzer wie etwa in Hanfeld, vor deren Haustür die Straße saniert wird, müssen damit rechnen, im Nachhinein zur Kasse gebeten zu werden. Bis zum Sommer soll eine erste Entscheidung fallen am Verwaltungsgericht. Bis dahin hat auch der bayerische Landtag neue Richtlinien erlassen. Doch wie wird die Stadt in dieser Angelegenheit argumentieren? Die UWG wollte dazu eine Auskunft, erfuhr am Montag jedoch wenig.

John hatte die UWG-Anfrage zur anstehenden Klage in der Stadtratsitzung unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" berücksichtigt, zeigte sich aber zum Stand des Verfahrens recht zugeknöpft. Sie habe die Klage Ende November eingereicht und im Januar auch begründet. Die Klageschrift sei dem Antragsgegner - also dem Freistaat - bereits zugestellt worden, einen Termin für die Verhandlung gibt es noch nicht. Was allerdings genau in den Papieren steht, will sie dem Stadtrat nicht mitteilen. "Ich hätte keine Probleme damit", sagte John, "wenn ich das Gefühl hätte, dass der Stadtrat das gleiche Ziel verfolgt." Doch einige Mitglieder des wichtigsten politischen Gremiums würden sich derart äußern, dass sie das Anliegen der Stadt eher unterlaufen als unterstützen.

Mit großer Verwunderung registrierte Jürgen Busse diese Aussage. Auch der Bayerische Gemeindetag plädiere dafür, "so viele Informationen wie möglich zur Verfügung zu stellen". Bereits der Bescheid des Landratsamtes war allen Stadträten zugegangen, das Verfahren sei "von erheblichem öffentlichen Interesse" - zumal es keine geheimhaltungsbedürftigen Fakten in diesem Verfahren gebe. Kein Mensch zahle gerne Beiträge. Aber in diesem Fall liege die Entscheidung eben bei Landtag und Verwaltungsgericht, nicht aber beim Stadtrat. Entscheidend sei letztlich die Frage, ob Starnberg tatsächlich finanziell so leistungsfähig sei, dass man auf Einnahmen aus der STRABS leichten Herzens verzichten könne. Letztlich klage die Stadt gegen den Freistaat, nicht die Stadtverwaltung. Das sahen Vertreter der Allianz freilich anders. Anton Wiesböck (FDP) etwa lobte die Bürgermeisterin überschwänglich dafür, "dass Sie das angegangen sind". Die WPS dagegen argumentierte voller Empörung, man solle die eigenen Argumente nicht öffentlich machen, um die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage nicht zu schmälern.

Patrick Janik (UWG) indes hätte dennoch gern einen Blick in den Schriftsatz geworfen - allein schon deshalb, um sich fachlich mit den Kollegen der Kanzlei Leisner & Steinbacher austauschen zu können. Doch das Misstrauen von Bürgermeisterin John gegenüber ihrem Stadtrat scheint groß. Auf Nachfrage von Christiane Falk (SPD), wovor John denn solche Angst habe, antwortete die Bürgermeisterin: Es sei keine Angst, "aber es ist auch nichts Öffentliches . . ."

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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