Starnberg:Gefragte Naturschützer

Lesezeit: 2 min

Je mehr im Landkreis Starnberg gebaut wird, desto mehr setzen die Bürger auf den Bund Naturschutz. Die Kreisgruppe freut sich deshalb über stabile Mitgliederzahlen und über hohe Spendenbereitschaft

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Naturschützer sind im Allgemeinen meist Menschen, die sehr kritisch und skeptisch in die Zukunft blicken. Im Landkreis Starnberg haben sie auch allen Grund dazu: Immer mehr Landschaft wird verbaut, entweder durch neue Umgehungsstraßen wie in Weßling und Hadorf oder durch neue beziehungsweise erweiterte Gewerbegebiete wie in Pöcking beim Schmalzhof oder in Oberpfaffenhofen im Argelsrieder Feld. Der "Flächenfraß", wie Günter Schorn, der Kreisvorsitzende des Starnberger Bunds Naturschutz (BN), die Versiegelung der Landschaft nennt, geht weiter.

Aber Schorn gehört nicht zu den Naturschützern, die nur vom Pessimismus leben und als Kassandra durch die Lande ziehen. Der Tutzinger gibt sich sogar frohgemut. Zumindest ein Grund stimmt ihn hoffnungsfroh: Der Bund Naturschutz im Landkreis verzeichnet nahezu stabile Mitgliederzahlen. "Wir sind in Starnberg mit 4044 aktuell immer noch die Kreisgruppe mit der höchsten Mitgliederdichte beim Bund Naturschutz ." Damit ist der Starnberger BN nicht weit vom Höchststand von 4400 Mitgliedern entfernt. "Dass wir dauerhaft mehr als 4000 Mitglieder haben, hätten wir in unseren kühnsten Träumen nicht gedacht", sagt Schorn.

Statistisch bedeutet dies, dass bei 132 000 Landkreis-Einwohnern gut vier Prozent dem BN angehören. Und das ohne große Mitglieder-Werbeaktion. Die letzte war 2013. Überhaupt war das vergangene Jahr ein gutes für den BN: Zum Jahreswechsel unterstützten 76 750 Mitglieder und Förderer die Umweltorganisation in Oberbayern, das ist ein Zuwachs von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bayernweit waren es mit nun 221 000 Mitgliedern sogar drei Prozent mehr als Ende 2014. Allein dem Münchner Kreisverband, dem mit Abstand größten in Bayern, gehören mehr als 20 000 Mitglieder an. Die Ursachen für den Mitgliederzuwachs beziehungsweise im Falle Starnberg für stabile Mitgliederzahlen sieht Schorn in der wachsenden Skepsis vieler Bürger, wenn es um Bauprojekte auf der grünen Wiese geht. "Ob in Weßling, wo wir gegen die Umfahrung demonstrierten, oder in Inning und Gilching - es gibt bei unseren Aktionen keine Anfeindungen, für uns ist die Stimmung gut." Dass Schorn und seine Mitstreiter auf juristischem Weg dennoch nicht die Umfahrung verhindern konnten, steht auf einem anderen Blatt. "Wir sind vom Gericht trotz guter Argumente abgeschmettert worden", lautet sein Fazit. Ähnlich war es bei der rechtlichen Auseinandersetzung um den Sonderflughafen Oberpfaffenhofen. Es waren die schmerzhaftesten Niederlagen für die Naturschützer, da sie die Kreisgruppe in finanzielle Not brachten.

Seitdem ist man vorsichtiger geworden, wenn es um Gerichtsverfahren geht. "Wir arbeiten seitdem wieder kostendeckend", kann der Kreisvorsitzende beruhigt seinen Mitgliedern mitteilen. Selbst wenn es um Aktionen gegen die Starnberger Westtangente geht. Zwar hat man aus finanziellen Gründen nicht den Klageweg beschritten, dafür ist man zu einer Politik der kleinen Nadelstiche übergegangen. Durchexerziert wurde dieses Vorgehen zum ersten Mal während der Bauarbeiten für die Trasse der Weßlinger Umfahrung. Akribisch listeten die Naturschützer auf, welche Verstöße gegen die Umweltauflagen begangen wurden. "Leider ist das Umweltschadensrecht so gestaltet, dass wir einen größeren Schaden nachweisen müssen. Zerquetschte Kröten und Frösche, die wir fanden, sind aus juristischer Sicht kein großer Schaden", hadert Schorn. Deshalb hätte auch ein weiteres Vorgehen nichts gebracht. Aber die Straßenbauer hätten reagiert und danach die Auflagen eingehalten.

Was den Naturschützer noch hilft, ist ein relativ neues Phänomen: Immer wenn Bauprojekte anstehen oder in der Diskussion sind, steigt die Spendenbereitschaft bei den betroffenen Bürgern stark an. "Wenn etwas vor der Haustüre passiert, ist das Engagement hoch und es wird für unsere Arbeit gerne Geld gegeben", hat der BN-Kreischef festgestellt. Die nächste Aktion gilt deshalb dem geplanten Gewerbegebietder Gemeinde Gauting. Die Naturschützer haben sich dort schon umgesehen und mit Grundstücksbesitzern gesprochen. Nicht alle, so Schorn, seien begeistert. "Was Gauting macht, ist eine dumme Idee." Schorn freut sich jedenfalls auf ein spannendes Jahr. Auch weil man die eigenen Mitglieder mehr aktivieren will, um den politischen Druck zu erhöhen.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: