Starnberg:Falsch abgerechnet

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Physiotherapeut steht wegen mehrfachen Betrugs vor Gericht

Von Christian Deussing, Starnberg

Ein Physiotherapeut aus dem westlichen Landkreis soll jahrelang Rezepte manipuliert und mit falschen Abrechnungen fünf Krankenkassen betrogen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 39-Jährigen in 101 Fällen gewerbsmäßigen Betrug mit Urkundenfälschung vor, bei dem ein Schaden von fast 24 000 Euro entstanden sei. So sollen zum Beispiel Fangopackungen abgerechnet worden sein, die von den Ärzten gar nicht verschrieben worden sind. Laut Anklage seien auch verordnete Einzelbehandlungen in doppelte Behandlungen umgewandelt und manuelle Therapien (MT) in Krankengymnastik(KG) umgeschrieben worden - wohl auch deshalb, weil der Physiotherapeut damals keine MT-Zulassung hatte. Der Angeklagte stritt am Mittwoch die Vorwürfe energisch ab und behauptete, "von nichts gewusst" zu haben.

In dem Verfahren wurden die Rezepte von 60 Ärzten für 250 Patienten überprüft. "Viele Rezepte der Ärzte wurden verändert und stimmten nicht mit den eingereichten Abrechnungen für die Kassen überein", sagte ein Kripobeamter in dem Prozess aus. Bei den Ermittlungen war auch eine freie Mitarbeiterin kurzzeitig in Verdacht geraten, an den Manipulationen zwischen 2012 und 2015 beteiligt gewesen zu sein. Doch die Kripo hielt ihre Aussage für glaubhaft, sich nicht mit der Verwaltung und den Abrechnungen befasst zu haben. Die Kollegin hatte bis Ende 2011 gemeinschaftlich mit dem Angeklagten die Praxis geführt.

Der Verdacht kam auf, als vor vier Jahren eine Krankenkasse bei einer Ärztin anrief, um ihr von "Unregelmäßigkeiten" bei den Rezepten zu berichten. Sie sei darüber sehr verwundert gewesen, denn sie habe "nie Fango im großen Stil verschrieben", weil dies ihr limitiertes Budget überschritten hätte. Die 48-jährige Zeugin gab auch an, keine Doppelbehandlungen ausgeschrieben und daher seinerzeit verunsichert den Physiotherapeuten angerufen zu haben - den sie fachlich sehr geschätzt habe. Die Medizinerin erklärte überdies, dass sich der Therapeut bei dem Telefonat bei ihr dafür entschuldigt habe, einiges an den Verordnungen geändert zu haben.

Nach dieser Aussage wirkte der Angeklagte noch angespannter und atmete nochmals kräftig durch. Nach einem Rechtsgespräch zwischen den Parteien versuchten Richterin Christine Conrad und der Staatsanwalt eine Brücke zu bauen und ihm angesichts der eindeutigen Beweislage ein Geständnis nahezulegen und seine Strategie in dem Verfahren zu ändern - zumal nur noch Belastungszeugen geladen seien. Es drohten sonst eine Haftstrafe von zwei bis drei Jahren - auch ohne Bewährung - und der Entzug der Zulassung.

Der angeklagte Familienvater beriet sich daraufhin etwa zehn Minuten mit seinem Verteidiger. Er blieb aber uneinsichtig und gab den Betrug und Urkundenfälschungen weiterhin nicht zu. "Ich habe diese Rezepte nie verändert", beteuerte der 39-Jährige. Daraufhin wurde die Ärztin vom Gericht erneut befragt, die den Angeklagten sehr gut kennt. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 22.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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