Starnberg:Extremer Entsorgungsengpass

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Wärmedämmung ist eine Investition in den Klimaschutz. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Neue EU-Verordnung bringt den Abfallwirtschaftsverband und Bauherren gleichermaßen in Bedrängnis

Von Christian Deussing, Starnberg

Häuslebauer, Gebäudesanierer und Baufirmen geraten jetzt in ein akutes Entsorgungsproblem. Der Grund: Sie dürfen ab sofort keinen schadstoffhaltigen Bauschutt mit Styropor und Wärmedämmstoffen an den Wertstoffhöfen im Landkreis Starnberg mehr abgeben. Denn nach neuer EU-Verordnung gelten diese Materialien als hochgiftig und müssen deshalb verbrannt werden. Damit steckt auch der Abfallwirtschaftsverband Starnberg (Awista) in einem Dilemma, zumal das Heizkraftwerk Nord in Unterföhring derartige Abfälle aus dem Fünfseenland vorerst nicht annimmt. Das sei "kein Spaß", diese neuen Vorgaben jetzt den Bürgern erklären zu müssen, sagte dazu der Awista-Vorsitzende Karl Roth am Mittwoch in der Verbandsversammlung.

So berichtete Geschäftsleiter Peter Wiedemann von dem Anruf einer verzweifelten Bauherrin beim Awista, dass sie nach der neuen Richtlinie für die gleiche Entsorgung von Dämmungsstoffen über eine Firma nun 60 000 Euro mehr zahlen müsse. Wiedemann wies in der Versammlung darauf hin, dass nur noch 0,5 Kubikmeter dieser Stoffe pro Tonne mit Baustellenabfällen abgeliefert werden dürften. Aber das könne weder gemessen noch berechnet werden, erläuterte Wiedemann, der von bayernweit "extremen Entsorgungsengpässen" in der Bauwirtschaft sprach.

Die Verbandsmitglieder reagierten ratlos und irritiert auf dieses Problem. Hierbei fragte sich Herrschings Bürgermeister Christian Schiller, ob mit Steuergeldern und Förderprogrammen zum Energiesparen hochgiftige Dämmstoffe finanziert worden seien. Seit vorigem Jahr dürfen diese Materialien nicht mehr verbaut werden, die zuvor jahrzehntelang produziert und verwendet wurden. Martin Fink aus Gilching verlangte "Lösungskonzepte", damit nicht diese Abfälle irgendwo im Wald landen. Nach Awista-Angaben sind zum Beispiel auch Küchenschränke und Badewanne mit ihren Beschichtungen schadstoffhaltig.

Der stellvertretende Verbandsvorsitzende Bernhard Sontheim schlug vor, im Landkreis nach Hallen zu suchen und sie anzumieten, um darin diesen Problemmüll zwischenzulagern. Das sei leider nicht möglich, weil diese Hallen gleich voll sein würden und überdies ein genehmigungspflichtiges Verfahren notwendig wäre, sagte dazu Werkleiter Wiedemann. Auch die Variante, diese Styroporabfälle zu einer Müllverbrennungsanlage nach Österreich zu bringen, sei keine Lösung. Diesen Müll dorthin durch die Gegend zu fahren, wäre "kompletter Wahnsinn", meinte Wiedemann. Auch für die notwendigen 36 Kubikmeter-Container gebe es auf den hiesigen Wertstoffhöfen keinen Platz.

Die neue Rechtslage hatte den Awista- Chef kalt erwischt. Er machte den Mitgliedern klar, erst spät davon erfahren zu haben. "Wir sind nicht ins Bild gesetzt worden", beklagte sich Wiedemann. Der Verband brauche jetzt "mehrere Player, die mitspielen", denn es gehe auch um höhere Kosten bei der Entsorgung, die umweltschonend sein soll.

Man bleibe "am Thema dran", versicherte Vorsitzender Roth. Er kündigte an, auch über den Kreistag Lösungen erreichen zu wollen.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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