Starnberg:Essen, tanzen, hutschen

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Die Speisenauswahl an Kirchweih ist vielfältig - zu den süßen Sachen gehören Kirchweihnudeln. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In einigen Gemeinden des Fünfseenlands wird Kirchweih noch groß gefeiert

Von Armin Greune, Starnberg

Vom reichen Brauchtum, das einst die Kirchweih begleitete, ist eigentlich nur noch das Essen übrig geblieben: So bieten auch im Fünfseenland fast alle Gaststätten am dritten Oktobersonntag Gans oder Ente an, und auch Kirta-Nudeln (-Kiacherl, Auszogne) werden vielerorts serviert. Darüber hinaus wird die Tradition fast nur noch am Ammersee groß geschrieben: In Dießen und Raisting wird wieder gehutscht. In Herrsching veranstaltet der Seehof einen Bauern- und Kunsthandwerkermarkt zum Thema, in Starnberg hat der Heimat- und Volkstrachtenverein für Samstag ein buntes Programm zusammengestellt. In Breitbrunn aber hat die Schützengesellschaft Morgenstern ihr geplantes Kirtafest wegen des Wetters wieder abgesagt.

Ursprünglich war die Kirchweih nach Weihnachten und Ostern das drittwichtigste Fest des Jahres - und mit Sicherheit das ausgelassenste und rauschigste. Ein richtiger Kirta dauerte drei Tage: "Sunda, Moda und Irda und es ko si leicht schicka, glei gar bis zum Migga" hieß es im Volksmund. Oft fand gleichzeitig ein Volksfest, eine Viehauktion oder ein Jahrmarkt für landwirtschaftliche Produkte statt. Immer aber wurde viel getanzt und getrunken. Weil nahezu jedes Dorf an einem anderen Tag die Weihe seiner Kirche feierte, gab es reichlich Gelegenheiten zur Ausschweifung - zu der oft auch die handfeste Pflege von Dorfrivalitäten gehörte. 1868 wurde es der Obrigkeit zu bunt und in weiten Teilen Bayerns wurde die "Allerweltskirta" eingeführt, indem man den Termin einheitlich auf den dritten Oktobersonntag festlegte. Damit schlug man drei Fliegen mit einer Klappe: Der Arbeitsausfall in Folge der in jeder Hinsicht üppigen Festivitäten hielt sich so nicht nur in Grenzen, sondern drohte auch erst nach der Ernte - die wiederum mit gefüllten Scheunen und Kellern zum Gelingen des Festes beitrug.

Nur in wenigen Orten ist altes Kirchweihbrauchtum wiederbelebt worden. Dazu gehört das Hutschn: Ein in einer Scheune aufgehängter Balken wird vor-und zurückgeschwungen, während auf ihr bis zu 15 Kinder oder zehn Erwachsene reiten. Eine derartige Längsschaukel pendelt am Sonntag wieder am Dießener Vogelherd: Von 14 bis 19 Uhr feiern dort die Trachtler rund um ihr Vereinsheim, zum Hutschn spielt der Musikverein Dießen unter der Leitung von Csaba Primosics. Bei trockenem Wetter findet außerdem ein Heuballen-Hüpfen für Kinder im Freien statt.

Drei Kilometer weiter südlich stellt Raisting die wahre Kirchweih-Hochburg der Region dar: Am Sonntag schwingt im Beckadisi-Stadel an der Dießener Straße von 10 bis 18 Uhr die Hutschn zur Raistinger Kirchta-Musi. Es wird Frühschoppen, Mittagessen, Kaffee und Kuchen angeboten; ein kleiner Markt der Landfrauen ist angegliedert. Das Heimatmuseum vis-a-vis der Kirche ist geöffnet, um 13.30 und 15.30 Uhr lädt Susanne Hörmann zur Vorführung "Spinnrad und Spindel - wie war das bei Dornröschen" ein. Um 14 Uhr werden auf der Wiese an der Bahnhofstraße alte und moderne Mähtechniken vorgestellt. Der Raistinger "Kirchta" findet bereits zum 21. Mal statt. Noch länger wird im Ort die Tradition des Betteltanzes am Kirchta-Montag gepflegt, zu dem seit mehr als 150 Jahren Burschen und Madln aufeinandertreffen. Das vollzieht sich weitgehend hinter verschlossenen Türen - aber der Festzug, bei dem die "Ruatnbuam" um 13 Uhr etwa 150 jungen Frauen durchs Dorf zum Gasthof "Post" führen, wird von vielen Zuschauern gesäumt.

In Starnberg findet die Jugendkirta schon am Samstag statt. Von 15 bis 17 Uhr zeigt der Nachwuchs im Trachtenheim an der Hans-Zellner-Straße, was er das Jahr über gelernt hat. Besucher sind willkommen. Am und im Hotel "Seehof" am Herrschinger Dampfersteg wird Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr Volkskunst, Gwand, Schmuck und mehr angeboten. Am Samstagabend treten zum Kirchweih-Hoagarten unter anderem Strasser Pascher, die Münchner Musikanten und der Steirisch-Bairische Dreigesang an, Sprecher ist Leonhard Servi. Reservierung wird empfohlen.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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