Starnberg:Ermittlungen gegen Eva John

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Die Landesanwaltschaft hat gegen die Bürgermeisterin der Kreisstadt ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Diese steht im Verdacht, dass sie Beschlüsse des Stadtrates nicht vollzogen hat

Von Christine Setzwein, Starnberg

Das Landratsamt Starnberg will es jetzt genau wissen: Hat die Starnberger Bürgermeisterin Eva John gegen einschlägige gesetzliche Vorgaben verstoßen, indem sie Beschlüsse des Stadtrats nicht vollzogen und eigenmächtige Entscheidungen getroffen hat? Landrat Karl Roth hat deshalb am 7. August die Landesanwaltschaft München eingeschaltet, die am 21. August ein Disziplinarverfahren gegen John eingeleitet hat.

Über die Amtsführung der Bürgermeisterin gibt es seit längerem massive Beschwerden aus den Reihen der Stadträte. Bisheriger Höhepunkt ist der Stadtratsbeschluss vom 24. Juli, die Stadt zu verklagen. Die Mehrheit war der Meinung, dass John den Auftrag des Gremiums vom Juli 2016, ein Gutachten zum Thema "Seeanbindung" in Auftrag zu geben und bis Dezember vorzulegen, nicht fristgerecht umgesetzt habe, nämlich erst im vergangenen April - also neun Monate später. Ob das Gutachten überhaupt vorliegt, ist nicht bekannt. Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp bekam den Auftrag, gegebenenfalls die notwendigen Schritte für eine Klage vorm Verwaltungsgericht einzuleiten und einen Rechtsanwalt zur Prozessvertretung zu beauftragen. Die dafür nötige Akteneinsicht wurde ihm allerdings erst nach zweifacher Ermahnung Johns durch die Kommunalaufsicht gewährt. Sein Fazit: Durch die Untätigkeit der Bürgermeisterin sei die Stadt womöglich in eine schlechte Position im Hinblick auf dringend erforderliche Verhandlungen mit der Deutschen Bahn geraten. Das Thema Seeanbindung steht jetzt am kommenden Montag (Beginn: 17 Uhr) auf der Tagesordnung des Ferienausschusses.

SPD und Parteifreie forderten in der Zwischenzeit gar den Rücktritt Johns. Beschlüsse würden nicht oder nicht fristgerecht umgesetzt, dem Stadtrat immer wieder Informationen vorenthalten, hieß es. "Das Maß ist voll", begründete SPD-Stadtrat Tim Weidner die Rücktrittsforderung seiner Fraktion.

Immer wieder wurde von Stadträten in der Vergangenheit die Kommunalaufsicht des Landratsamts eingeschaltet. "Die Hälfte meiner Arbeit beschäftigte sich mit Starnberg", lautete das Resümee des ehemaligen Leiters der Abteilung, Gerhard Hertlein, anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand. Nun war das Maß offensichtlich auch für Landrat Roth voll. Theoretisch könnte auch die Rechtsabteilung des Landratsamtes überprüfen, ob ein Disziplinarverfahren angestrengt wird. Aber die Kreisbehörde hat die Disziplinarbefugnisse auf die Landesanwaltschaft Bayern übertragen und um Prüfung gebeten. "Dort gibt es versiertes Personal, das auch die nötige Distanz hat", sagt Sprecherin Barbara Beck.

Wie die Landesanwaltschaft mitteilt, besteht gegen die kommunale Wahlbeamtin John der Verdacht, "dass sie gegen Vorschriften der Bayerischen Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Starnberg verstoßen hat, indem sie mehrfach Beschlüsse des Stadtrates nicht oder nicht fristgerecht vollzogen und Entscheidungen unter Überschreitung ihrer Zuständigkeit ohne Beteiligung des Stadtrates getroffen haben soll". Weitere Einzelheiten zum Sachverhalt könnten wegen laufender Ermittlungen und des besonderen Datenschutzes im Disziplinarverfahren derzeit aber nicht mitgeteilt werden.

Bürgermeisterin Eva John hat die Einleitung des Disziplinarverfahrens "sehr überrascht", sagt sie. Landrat Karl Roth habe ihr bei keiner Gelegenheit und mit keiner Silbe seine Absicht, ein Disziplinarverfahren gegen sie einleiten zu lassen, mitgeteilt. John: "Das ist menschlich äußerst enttäuschend." In der Sache werde sie sich gegenüber der Landesanwaltschaft äußern. Dazu hat die Starnberger Bürgermeisterin bis Ende September Zeit.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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