Starnberg:Endlich wieder Lokführer sein

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Tüftler unter sich: Im Starnberger Seniorentreff kommen die Eisenbahnfreunde Peter Senf, Hans Peter Stoehrel und Horst Mey zusammen. (Foto: Thiel)

Senioren treffen sich in Starnberg, um ihre Modelleisenbahnen fahren zu lassen. Der Initiator dieser Treffen hat noch mehr vor und plant eine Ausstellung im Museum

Von Michael Berzl

Starnberg - "Baujahr 1905. Seither in Familienbesitz", verkündet Hans Peter Stoehrel stolz und hält eine schwarze Märklin-Lokomotive in die Höhe. Es ist ein Erbstück von seinem Vater. Mit einer Zange zieht er den Antrieb des kleinen Modells auf, setzt es mit Bedacht aufs Gleis, und schon schnurrt es im Kreis herum. Bis zu der Stelle, wo eine Schiene fehlt. Kleine Panne, macht aber nichts. Schon startet eine von einem Elektromotor angetriebene Lok.

Stoehrel ist 78 Jahre alt. Auf seinen Aufruf hin haben sich ein Dutzend Männer im Rentenalter im Dachgeschoss des Ilse-Kubaschewski-Hauses in Starnberg versammelt. Anfangs stehen sie noch zurückhaltend und ein wenig schüchtern um den Tisch herum und warten, was da jetzt passiert. Aber es dauert keine zehn Minuten, und sie spielen zusammen. Sie stecken Metallgleise zusammen, bauen Trafos auf, probieren verschiedene Waggons aus. Wie früher. Da kommen Kindheitserinnerungen auf. Die Eisenbahn-Leidenschaft wird wieder wach.

Der Geruch von Kohle

Im Alter von fünf Jahren hat es bei Werner Fischhaber aus Tutzing angefangen; da hat er seine erste Anlage bekommen. Nach der Wende aber hat er seine Liebe zu den Dampfloks erst richtig entdeckt. Auf Schlaglochpisten, so erzählt der 66-Jährige, seien er und seine Freunde extra nach Halle gefahren und von da an fast jeden Monat im Harz gewesen, weil es dort so schöne alte Schmalspurbahnen gab. Sie sind mitgefahren, haben sich mit Lokführern angefreundet. Und bevor es wieder nach Hause ging hätten sie manchmal ein Stück Kohle mitgenommen, "damit wir dran riechen können". Das ist wahre Leidenschaft.

Oder Peter Senf. Er hat gleich seine eigene Märklin-Anlage ins Kubaschewski-Hus mitgebracht und die Gelegenheit genutzt, darauf endlich einmal wieder Züge fahren zu lassen. Als ein Gespann losschnurrt und Sirenentöne von sich gibt, blickt er kaum mehr hoch und ist ganz vertieft ins Spiel.

Hans Peter Stoehrel plant eine Ausstellung im Museum

Aber das ist mehr als ein Spieltreff für alte Männer. Der Initiator dieser Zusammenkunft, der auch das Repair-Café in Starnberg ins Leben gerufen hat, hat mehr vor. Voraussichtlich im Januar oder im Februar will er im Starnberger Museum eine Ausstellung mit historischen Eisenbahnen zeigen. Dazu soll es im November ein weiteres Vorbereitungstreffen geben; der genaue Termin steht noch nicht fest. Stoehrel sucht nun "Mitstreiter, Mitspieler, Mitaufbauer", die Interesse und am besten auch selbst Züge und Loks, Gleise und Zubehör haben. Wer mitmachen will, kann sich per E-Mail (hp@stoehrel.de) melden.

Vorgesehen ist, bei der Ausstellung auch die Technik, die Vorbilder und die Spielkultur von damals zu erklären. Stoehrel ist technisch versiert, hat früher an der Universität Stuttgart ein Institut für Material- und Strukturprüfung geleitet und besitzt selbst gutes Anschauungsmaterial. Der weiße Milchwaggon zum Beispiel, von dem Märklin zehn Millionen Stück verkauft haben soll. Auf Knopfdruck öffnet sich eine Tür und Stück für Stück werden Mini-Milchkannen herausgeschubst. Das war noch solide Technik aus Metall. Später aber habe sich die Firma Märklin mit ihrer Produktpalette verzettelt, sei in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, fachsimpeln die Senioren. Man kennt sich aus.

Mit dem Auftakttreffen kann Stoehrel jedenfalls zufrieden sein. Die Modelleisenbahnfreunde, die er mobilisiert hat, haben mit Begeisterung mitgemacht. Die Idee war nach einem Besuch beim Modelleisenbahnclub in Tutzing im Frühjahr geboren worden, der sehr großen Anklang fand. Bis zur Ausstellung im Museum werden aber mit der Leiterin Sibylle Küttner noch einige Details zu klären und das eine oder andere Hindernis zu beseitigen sein. Zum Beispiel die Sache mit dem Feuer. Stoehrel würde ja gerne richtige kleine Dampfloks fahren lassen, und dazu gehört ein kleiner Spiritusbrenner, doch offenes Feuer sei im Museum nicht zulässig.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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