Starnberger Kultur:Eine Frage des Niveaus

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"Suggestionskraft" bescheinigt die Jury der Preisträgerin Hahne-Schwanke, die sich zum Thema "Flüchtlinge" um den Kunstpreis Starnberg beworben hat. (Foto: Georgine Treybal)

Der Kunstpreis der Stadt Starnberg führt schon seit längerem zu Diskussionen. Jetzt zieht die Malerin Justina Becker ihre Arbeiten zurück - aus Protest gegen das Vergabeverfahren

Von Katja Sebald, Starnberg

Die neue Starnberger Stadtmalerin ist gekürt: Die ehemalige Gymnasiallehrerin Annemarie Hahne-Schwanke aus Söcking erhält den diesjährigen Kunstpreis der Stadt Starnberg für Malerei und darf von Februar an für zwei Jahre das Paul-Thiem-Atelier nutzen. Von der zweiten Preisträgerin Nataly Maier und dem Drittplatzierten Frank Körner-Pollok wird die Stadt Bilder kaufen. Am vergangenen Wochenende waren die preisgekrönten Werke zusammen mit den Bildern der übrigen Bewerber in der Schlossberghalle zu sehen. Doch bei der Eröffnung der Ausstellung am Samstag kam es zu einem Eklat. Aus Protest gegen das Niveau der eingereichten Bilder und die Organisation der Veranstaltung hatte die Künstlerin Justina Becker ihre Arbeiten wieder abgeholt.

Becker, die im Februar ihr Studium der Malerei an der Münchner Akademie der Bildenden Künste abschließen wird, sagte auf Nachfrage: "Ich würde mir von der Stadt Starnberg wünschen, dass man darüber nachdenkt, wo der Unterschied zwischen einem Malwettbewerb für Erwachsene und einer professionellen Kunstpreisvergabe liegt." Schon bei der Abgabe habe man ihr zu verstehen gegeben, dass es unwesentlich sei, wie sie ihre Bilder präsentiere, da sie von der Jury auf dem Boden stehend beurteilt würden. Der städtische Kunstpreis, der neben der kostenlosen Ateliernutzung auch einen Ankauf und eine Einzelausstellung zum Abschluss beinhaltet, sei großzügig und im Vergleich zu den Preisen, die an der Akademie vergeben werden, sehr hoch dotiert, sagte Becker. Sie wolle die anderen Teilnehmer und die Preisträger nicht abwerten oder ihnen gar "die Lust am Malen verderben, denn Malerei ist etwas Wunderbares", betonte sie, "dennoch geht es bei dem Kunstpreis um viel Geld und eine Förderung, die für hauptberufliche Künstler existenziell wichtig ist. Künstler sind auf die Unterstützung der Gesellschaft angewiesen." Tatsächlich ist das Niveau der eingereichten Arbeiten seit längerem ein Thema. Aus den Kreisen der Jury war schon vor Jahren zu vernehmen, dass man "das kleinste Übel" aussuchen müsse. Bedingung für die Teilnahme ist der "Lebensmittelpunkt im Landkreis Starnberg", nicht aber die künstlerische Professionalität der Bewerber.

Man darf angesichts der Qualität der ausgestellten Arbeiten vermuten, dass von den 74 Bewerbern dieses Jahres die weitaus meisten Hobbykünstler sind. Die Bandbreite jedenfalls reicht von glühenden Sonnenuntergängen über röhrende Hirsche bis hin zu epigonalen Versuchen nach Jackson Pollock und Wassily Kandinsky. Von einigen Ausnahmen abgesehen haben sie mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen wenig zu tun.

Die diesjährige erste Preisträgerin nimmt sich in ihren Arbeiten der gegenwärtigen Flüchtlingsthematik an. Es sei jedoch nicht die "Aktualität des Themas" ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen, sondern die "Suggestionskraft" der drei von Annemarie Hahne-Schwanke eingereichten Bootsbilder, heißt es in der Begründung der Jury. Dennoch wird die "Dramatik der Bootsflüchtlinge" als "politisch akzentuierte Metapher des Überlebenskampfes" bezeichnet.

Zu den prämierten Arbeiten von Nataly Maier, die eine Fotoausbildung absolvierte und heute in Starnberg und Mailand lebt, schreibt die Jury, sie "balancieren zwischen Abstraktion farbiger Klänge und räumlichen Assoziationen". Die Betrachter, so heißt es weiter, könnten "sich wechselweise auf atmosphärische Stimmungen oder auf rhythmische Farbfolgen einlassen".

Dritter Preisträger ist der studierte Bühnen- und Kostümbildner Frank Körner-Pollok aus Weßling. Seine Bilder, so die Jury, "sind weder gemalt noch gezeichnet, sondern genäht". Seine "stillen Arbeiten" konnten "durch ihren ästhetischen Reiz, ihre poetischen Stimmungen und ihre zarte Ironie" überzeugen.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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