Starnberg:Eine besondere Herausforderung

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Um Plätze für weitere unbegleitete Jugendliche parat zu haben, müsse man "Gas geben", mahnt die Leiterin des Jugendamts in der Kreisbehörde, Rosemarie Merkl-Griesbach. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

150 unbegleitete Jugendliche leben derzeit im Fünfseenland

Von Manuela Warkocz, Starnberg

Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern aus ihren Heimatländern geflohen sind oder die Eltern unterwegs verloren haben, stellen das Starnberger Jugendamt vor besondere Herausforderungen. 108 unbegleitete Minderjährige befanden sich am 7. März in der Obhut der Landkreisbehörde. "Es ist ein Kommen und Gehen", berichtete die Leiterin des Fachbereichs Jugend und Sport, Rosemarie Merkl-Griesbach, im Jugendhilfeausschuss. So habe etwa eine Pflegefamilie "hoch engagiert" ein Flüchtlingsmädchen bei sich aufgenommen. Aber die Jugendliche sei eines Tages verschwunden, ihr Handy war im Saarland zu orten. "Die Jugendlichen sind oft unruhig, haben Kontakte über die Netzwerke." Vermutlich sei das Mädchen zu einem Bekannten gereist. Über das Jahr 2015 verteilt haben sich Mitarbeiter des Jugendamts um rund 150 unbegleitete Minderjährige gekümmert. Dabei konnten in etwa zehn Fällen Familien wieder zusammengeführt werden. Angehörige wurden ausfindig gemacht und kamen nach Starnberg, um die Kinder überglücklich in die Arme zu schließen.

Seit November 2015, als man dazu überging, die unbegleiteten Minderjährigen bundesweit zu verteilen, hat es im Landkreis kaum Neuzugänge gegeben. Das Jugendamt stellt sich aber darauf ein, dass ab April wieder mehr kommen. Um Plätze parat zu haben, müsse man "Gas geben", die Volljährigen in ambulante Hilfen zu bringen, so Merkl-Griesbach. Grünen-Kreisrätin Martina Neubauer zeigte Verständnis für den Druck, dem sich das Jugendamt ausgesetzt sieht, bat aber darum, 18-Jährige nicht automatisch vor die Tür zu setzen, sondern jeden Fall einzeln zu prüfen.

Entlastend wirken laut Merkl-Griesbach zwei zusätzliche Mitarbeiterinnen. Sie regelten vor allem die Arbeit mit den Bescheiden. Untergebracht sind die oft traumatisierten Kinder und Jugendlichen in mehreren dezentralen Einrichtungen, etwa in Allmannshausen in einem Haus von "Wort des Lebens". Dort rechnete man mit bis zu 50 Jugendlichen. Tatsächlich seien es zu den Hochzeiten maximal 30 gewesen. Das Rote Kreuz hat die Trägerschaft übernommen. "Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe", wie Merkl-Griesbach unterstrich. Durch permanenten Wechsel sei es schwierig, feste Strukturen wie einen klaren Tagesablauf zu schaffen. Im Januar konnte die Behörde ein Haus in Tutzing miteinbeziehen, das von Privat zur Verfügung gestellt wurde. Dort lebten jetzt acht "hochmotivierte junge Männer, super betreut". Die Notunterkunft soll offiziell als Jugendhilfeeinrichtung anerkannt werden. Eine Mädchengruppe fand Platz im Haus Birgitta bei den Tutzinger Benediktinerschwestern. Die Caritas betreut 19 Jugendliche in Gauting, Tabaluga integriert junge Flüchtlinge in Gruppen. In Gauting unterhält die Caritas 19 Plätze, Condrobs ist in Stockdorf aktiv. Und eine Wohngruppe bietet den jungen Flüchtlingen in Percha ein Zuhause.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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