Starnberg:Ein ganzer Berg von Problemen

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Elfjähriger leidet an Muskeldystrophie, sein Vater hat Krebs, die Wohnung ist nicht behindertengerecht und die Mutter weiß nicht mehr, wie es weitergeht. Das Landratsamt will helfen, doch wie soll das gehen?

Von Blanche Mamer, Starnberg

Der Elfjährige leidet an Muskeldystrophie-Duchenne und sitzt im Rollstuhl, der Vater hat Lungenkrebs und kämpft mit den Nachwirkungen von Operation und Chemotherapie, die kleine Schwester ist dreieinhalb, gesund und sehr lebhaft. Und die Mutter? Sie ist am Ende ihrer Kraft. Denn an ihr zehren nicht nur die Sorgen um die beiden Kranken, sondern auch die Lage der zu engen Wohnung. Zudem kann sie ihren Sohn nicht mehr die 50 Treppenstufen tragen, um den Schulbus zu erreichen. "Vor neun Jahren, als wir die Wohnung an der Hangkante zum See fanden, war ich überglücklich. Doch jetzt würde ich alles tun für eine ebenerdige Wohnung", sagt Anne C. (Name geändert).

Seit drei Jahren steht die Familie ganz oben auf der Warteliste für eine Sozialwohnung. "Wir haben alles versucht, um über den Verband Wohnen und die Genossenschaft eine barrierefreie Wohnung für die Familie zu finden, doch es gibt einfach keine", sagt Yvonne Onusseit vom Familienzentrum Starnberg in einem Pressegespräch. Darum wenden sich Landratsamt und Familienzentrum nun an private Immobilienbesitzer, um eine geeignete Wohnung in Starnberg, Pöcking, Feldafing oder Tutzing zu finden. "Wir beschränken die Suche auf diese Kommunen, weil hier die Freunde und Bekannten der Familie wohnen, die der Mutter immer wieder behilflich sind", sagt Onusseit. Der Vater ist mittlerweile sehr schwach, seit der OP kann er fast nicht mehr sprechen und braucht viel Ruhe und Fürsorge.

Das Jobcenter wird die in der Gemeinde ortsübliche Miete übernehmen. Wichtige Voraussetzung: Die Wohnung müsse gut erreichbar sein, das Bad groß genug, sagt Onusseit. Beim rollstuhlgerechten Umbau würde bei Bedarf das Gesundheitsamt helfen und sich um Spenden- und Stiftungsgelder kümmern, sagt Sophie von Wiedersperg vom Landratsamt.

Der SZ-Adventskalender hatte im vergangenen November zu Spenden für Familie C. aufgerufen und damit die Situation auch etwas erleichtern können. Es waren Helfer engagiert worden, um die Mutter zu unterstützen und den Buben die Hangkante hinunter und wieder hinauf zu tragen. Doch die Lage hat sich nun dramatisch verschlechtert: Das Finanzierungsprogramm für die Helfer ist ausgelaufen und müsste neu organisiert werden. Zudem wächst der Bub und nimmt zu. Das Tragen wird - gerade auch bei solch warmem Wetter - mit jedem Tag beschwerlicher. Er muss huckepack getragen, der Rollstuhl extra transportiert werden. Muskeldystrophie vom Typ Duchenne ist eine häufige Erbkrankheit im Kindesalter und beginnt mit einer Schwäche der Becken- und Oberschenkelmuskulatur. Das Problem bei dem Elfjährigen ist, dass sich der Muskelschwund jetzt ebenfalls auf den Schultergürtel ausdehnt, so dass auch die Kraft in seinen Armen nachlässt und er sich nicht festhalten kann. "Ich träume von einer großen Wohnung, in der sich mein Sohn ohne Hilfe bewegen kann und mit seinem neuen Rollstuhl auch mal allein draußen unterwegs sein kann", sagt die Mutter. In den vergangenen Tagen konnte er wiederholt nicht zum Unterricht, weil es ihr unmöglich war, ihn zum Kleinbus zu bringen, der ihn nach München zur bayerischen Landesschule für Körperbehinderte fährt. "Wenn wir besser erreichbar wären, könnte er auch mal einen Freund einladen. Das hat er nämlich noch nie tun können", sagt Anne C. Schön wäre, wenn die Wohnung einen kleinen Garten hätte und wenn Haustiere erlaubt wären. Denn der Bub wünscht sich sehnlichst einen Hund. Bei Fragen und für weitere Infos: Telefon 08151/979999 und info@kinderschutzbund-starnberg.de.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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