Starnberg:Ein Frühstück, das verbindet

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Kaffee und Kuchen verbindet Flüchtlinge und Starnberger einmal im Monat. (Foto: Thiel)

Der Verein Sozialwerk lädt Starnberger und Asylbewerber in der Stadt einmal im Monat zum Kennenlernen ein. Man redet über dies und das

Von Christiane Bracht, Starnberg

10 Uhr in Starnberg: Der Kaffee wartet in der Thermoskanne, Marmelade und Früchte stehen bereit, die Teller und Tassen sind am Buffettisch gestapelt. Allein die Gäste fehlen. Der Verein Sozialwerk hatte am Donnerstag Asylbewerber und Starnberger zum Kennenlern-Frühstück eingeladen. "Einen jungen Burschen aus Syrien habe ich schon gesehen. Er kommt gleich", ruft Winfried Wobbe den Helfern zu, die in Grüppchen zusammenstehen und warten. Das Frühstück ist eigentlich schon eine feste Institution. Seit November empfangen die Vereinsmitglieder einmal im Monat Flüchtlinge zum Frühstück, man redet über dies und das.

So erfahren die Helfer, wo der Schuh drückt. Einmal kamen zum Beispiel zwei Frauen aus Eritrea, die so große Füße hatten, dass sie nur alte Herrenschuhe bekamen, erzählt Wobbe. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Eine Helferin bekam dies mit. Sie kannte eine Frau mit Schuhgröße 43, kontaktierte sie und so konnten die beiden Flüchtlingsfrauen mit Damenschuhen nach Hause gehen. "Sie haben sich so gefreut", begeistert sich Wobbe noch heute. "Wir springen auch schnell mal ein, wenn die Bürokratie sehr schleppend geht", erklärt die Vorsitzende des Sozialwerks Anne Kirchbach. Zwischen fünf und 20 Asylbewerber kommen meist zum Frühstücken in die Räume der Arbeiterwohlfahrt, um mit Einheimischen in Kontakt zu kommen.

Doch heute ist der Andrang nicht sehr groß. Nach einer Viertelstunde kreuzt ein 20-jähriger Syrer auf. Schüchtern steht er am Rand, unterhält sich zaghaft mit allen, die ihn ansprechen. "Ich bin das zweite Mal da", sagt er. Sein Deutsch ist schon ganz gut. Er lebt bereits seit zwei Jahren in Starnberg. Das Frühstück ist für ihn eine Möglichkeit seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Ein bisschen hatte er allerdings auch gehofft, andere Flüchtlinge aus seinem Land zu treffen.

Dann kommt Asma Salhany mit ihren beiden Kindern. Sie bringt einen Cremekuchen mit, verteilt die Stücke an alle, die einen Teller hinhalten und bekommt viel Lob. "Hier sind alle sehr nett und hilfsbereit", sagt die Syrerin. Im Mai ist sie mit ihrer Familie ins Fünfseenland gekommen. Sie bemüht sich gerade um einen Deutsch-Intensivkurs. Im Herbst wenn die Kleinen in den Kindergarten kommen, hat sie mehr Zeit, die Sprache zu lernen. Bis dahin muss sie mit Englisch über die Runden kommen. Sie fühlt sich aber dennoch wohl in Starnberg. Ihr Mann hat bereits Arbeit und so ist die Familie schon jetzt einigermaßen selbständig.

Aber wo bleiben die neugierigen Starnberger, die sich für die Asylbewerber in der eigenen Stadt interessieren? Bislang ist noch keiner gekommen außer den Helfern, gibt Wobbe zu. "Vielleicht liegt es am Titel?" In den vergangenen Monaten hatte das Sozialwerk, die Veranstaltung "offenes Frühstück für Asylbewerber" genannt. Kirchbach wollte nicht, dass die Leute zum "Ausländer-Schauen" kommen. Doch jetzt hat sie es umgetauft in "Kennenlern-Frühstück". Und siehe da, die Starnberger fühlen sich angesprochen: Waltraud Blumenkamp ist die erste, die kommt. "Wie kann ich mich einbringen?", fragt sie. "Ich kann mich zwar nicht regelmäßig engagieren, weil ich viel unterwegs bin, aber ich kann Sachen von mir weitergeben." Ihr gefällt, dass etwas gemacht wird, dass man die Leute fördert. Etwas später kommen noch mehr, unter anderem die 14-jährige Emmi Krueger mit ihrer Mutter. Das Mädchen sucht Kontakt zu dem jungen Syrer. "Meine Generation versteht nicht, dass viele die Flüchtlinge nicht haben wollen", sagt sie. Wenn Kirchbach am Wochenende eine Kochgruppe mit Flüchtlingen initiiert, will sie dabei sein und vor allem will sie dann Freunde mitbringen.

Doch auch in Starnberg reagieren nicht alle positiv auf die Flüchtlinge. Als Anne Kirchbach im Mai alle Mitglieder und Interessierten um Sachspenden für den Garten bat, bekam sie einen rassistisch angehauchten Brief. Sie war erschüttert. Starnbergs Bürgermeisterin Eva John und Landrat Karl Roth müssten regelmäßig zu offenen Gesprächen einladen, um die Ängste in der Bevölkerung abzubauen, findet sie. Denn "es ist wichtig die Starnberger mitzunehmen".

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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