Starnberg:Ein bisschen Frieden

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Ein Drittel des Stadtrats kommt nicht zum Jahresabschlusstreffen mit Bürgermeisterin Eva John

Von Peter Haacke, Starnberg

Fromme Wünsche bekommt man dieser Tage nahezu überall zu hören: Gesegnete Weihnachten, Gesundheit, Glück und auch ein bisschen Frieden stehen ganz oben auf der Hitliste im besinnlichen Adventstrubel. Dem Trend zum geselligen Beisammensein mit versöhnlichem Abschluss zum Jahresende mag sich dennoch kaum jemand verschließen - auch Starnbergs Stadtrat nicht: Am Montag noch war es bei der letzten Sitzung des Jahres wegen eines umstrittenen Redebeitrags von Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp zum offenen Eklat gekommen; mehrere Mandatsträger hatten unter Protest den Saal verlassen. Drei Tage später war Bürgermeisterin Eva John bemüht, die Wogen wieder zu glätten. Allerdings hatte ein Drittel der insgesamt 30 Stadträte aus verschiedensten Gründen auf eine Teilnahme verzichtet. Die Bilanz eines kurzweiligen Abends: Zwischen den Gängen ein launiges Gedicht der Bürgermeisterin, dazu die Weihnachtsgeschichte, Geschenke für jene, die "sich anständig benehmen" (John), und ein leicht verletzter Klaus Huber, dem man versehentlich heißes Teewasser auf die Stelle goss, an der ein Mann "am männlichsten ist".

Nach guter Tradition, die es laut John allerdings auch erst "seit dem Vorjahr gibt", hatte die Bürgermeisterin für jeden anwesenden Stadtrat ein paar Zeilen vorbereitet. Von A wie Ardelt bis Z wie Ziebart wurden die Mandatsträger in Gedichtform bedacht, und auch ein paar kleine Sticheleien gegen die Presse durften da nicht fehlen. Hellhörig waren die Stadträte auch, als John die letzten Monate reflektierte. Es sei ein "turbulentes, spannendes Jahr" gewesen, sagte die Bürgermeisterin. Als "wahrhaft königliche Zeit" aber bezeichnete sie jene Monate, in denen sie ganz ohne Stadtrat habe agieren können und "wichtige Projekte angestoßen" wurden. Nach den Neuwahlen im April hätten es "mehrere erfahrene Stadträte leider nicht mehr geschafft", dafür aber gebe "es jetzt - ganz legal -acht Fraktionen". Zwar sei die A-Note im Stadtrat - gemeint waren jene Beschlüsse, die einhellig gefasst wurden - sehr gut. Aber bei der "B-Note gibt es noch sehr viel Luft nach oben": Eine Anspielung auf die Ereignisse der jüngsten Stadtratssitzung: Nach Ansicht der Bürgermeisterin ist es eines Mandatsträgers unwürdig, die Sitzung wort- und grußlos zu verlassen, weil man mit einem Beitrag des politischen Gegners unzufrieden ist - unverhohlene Kritik am Verhalten jener Kollegen aus SPD, Grünen und CSU, die überwiegend auch der Weihnachtsfeier des Stadtrats ferngeblieben waren.

Das Thema Streit tauchte denn auch mehrfach im poetisch anmutenden Vortrag mit solidem Endsilbenreim auf - je nach Wichtigkeit des Betroffenen im Umfang von vier bis acht Zeilen. So konstatierte John, dass sowohl Fritz Obermeyer als auch Toni Summer nichts von Streit und "ewigem Zanken" halten. Zu Vize-Bürgermeister Rieskamp, der kürzlich erst mit vielen Fragen vom Gemeindetag zurückgekehrt war, reimte John indes: "Warum nur, hat er sich gefragt, wird überall gesagt: Die Starnberger streiten doch den ganzen Tag! Schade, dass diese Botschaft wird verkündet. Ich find' sie nämlich reichlich unbegründet." Die Bürgermeisterin beschloss ihren Vortrag ohne Reim: "Liebe Stadträte, habt auch Gnade mit mir", sagte sie. "Ich denke, ich hab's für alle einigermaßen erträglich gemacht."

Zum Schluss äußerte die Bürgermeisterin noch eine Bitte. Man möge abseits der Tagesgeschäfte doch ein wenig innehalten und sich die Frage stellen: Wie ist es uns möglich, im Stadtrat einen friedvollen Umgang miteinander zu pflegen und auch den politischen Gegner mit dem notwendigen Respekt zu behandeln, selbst wenn die Debatte hitzig geführt wird? Eine schnelle Antwort darauf wusste John freilich auch nicht. Stattdessen gab es einmal mehr fromme Wünsche für alle zum Weihnachtsfest.

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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