Oskar-Maria Graf:Durchkomponierte Lesung

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Bestechende Auswahl: Ulrike Rode und Ferdinand Pfaffinger bei ihrer Lesung. Das Bild auf der Leinwand zeigt das Attentat auf Kaiserin Sisi. (Foto: Arlet Ulfers)

Der musikalische Oskar-Maria-Graf-Abend mit Ulrike Roder und Starnbergs Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger

Von Gerhard Summer, Starnberg

So ein Antrag mit allem Drum und Dran ist bestimmt was Schönes. Aber der Berger mag's direkt. "Resl", sagt also Maxl Graf, als er mit der matronenhaften, aber doch ansehnlichen Therese Heimrath dahinmarschiert, "Resl, i mecht heiraten." Es ergibt sich ein Gespräch, Maxl erwähnt, dass es um seine Bäckerei gut steht, und kommt schnell zum Kern der Sache: "Di mecht i heiraten, Resl." Was die Therese antwortet? "Ja jetzt, da schaug her!" Nein, der Berger ist kein Romantiker, er macht nicht viele Worte, mit dem Schönreden hat er es gleich gar nicht. Als die Kinder ihre Mutter später fragen, ob sie denn den Maxl geliebt habe, da antwortet sie: "Ja, i hab scho müssen."

Oskar Maria Graf hat Berg mit seinem wohl bekanntesten Roman "Das Leben meiner Mutter" ein Denkmal ohne Girlanden gesetzt. Das Buch, geschrieben im Exil in Brünn und vor allem in New York, ist 1946 auf Deutsch erschienen. Und was diesen Wälzer zum Klassiker macht, ist nicht nur Grafs Humor und sein liebevoller Umgang mit den Eltern, Geschwistern und den Bergern, die er nie ungerechtfertigt bloßstellt, sondern auch seine anrührende Lakonie. Als er darauf zu sprechen kommt, wie sein Bruder Eugen, der es in Amerika zu was gebracht hat, 1929 mit dem Studebaker in seinem Heimatdorf aufkreuzt, und trotzdem nicht so bewundert wird, wie er es gern hätte, notiert Graf schlicht: "Da schwand seine Freude."

Wie man so einen dicken Roman zusammenschnurren lässt, damit er in eine eineinhalbstündige Lesung mit Volksmusik passt, ist eine andere Frage. Ulrike Roder und Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger haben eine überzeugende Antwort: Bei ihrem Graf-Abend in der voll besetzten Kapelle der Klinik Starnberg konzentrieren sie sich auf die Geschichte der Eltern, auf die Hochzeit, Resls Probleme, sich in einer nur ein paar Kilometer entfernte und doch fremde Welt einzugewöhnen, die Geburt der kleinen Maria, des 11. Kindes, das nach einer Woche stirbt, Resls Rom-Reise und den Tod des Vaters. Dazu gibt es auf die Leinwand projizierte Bilder von den Originalschauplätzen, der Bäckerei oder dem Graf-Denkmal in Aufkirchen. Die sorgfältig ausgewählten Szenen gehen quer durchs Buch. Und auch wenn Pfaffinger und Roder natürlich auf viele Kabinettstückchen verzichten müssen und den politischen Autor und Zeitkritiker Graf ausblenden, ist die Auslese bestechend.

Vor allem aber: Der Abend ist durchkomponiert. Denn Tobias Schulz und Michael Heinzinger vom Volksmusikensemble Schulz spielen auf zwei Gitarren oder auf der Ziehharmonika nicht beliebige Landler und Walzer. Ihre Musik ist genau abgestimmt auf die Texte und so traurig, fidel, ironisch oder imposant wie die Roman-Szenen, die Pfaffinger und Roder mit viel Ausdruck und Gefühl, sehr sonor und mit komödiantischem Pfiff lesen. Um es mit der Resl zu sagen: Da schaug her! Rauschender Applaus.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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