Starnberg:Die Unermüdlichen

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Fünf Frauen aus Pöcking und Starnberg gehören fast von Beginn an zu den treuesten Fans des Festivals. Zwölf Tage lang dreht sich bei ihnen alles ums Kino, bis zu vier Filme pro Tag stehen auf dem Programm

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Renate Wagner kommt gerade aus dem Kino. Ein Animationsfilm, sie hatte ihre Enkelkinder eingeladen. Nun wartet sie im Foyer auf ihre Freundinnen aus Starnberg und Pöcking. Mit ihnen sieht sie sich den nächsten Film an. Renate Wagner ist eine von fünf Filmbegeisterten, die sich seit neun Jahren Dauerkarten für das Fünfseen-Filmfestival kaufen.

Auf den Kino-Marathon bereiten sie sich intensiv vor. "Alle 160 Filme ansehen, das schafft kein Mensch", sagt Renate Wagner. "Aber auf 30 bis 40 Filme bringe ich es schon." Aus dem dicken Programmbuch, das alle Dauerkartenkunden zugeschickt bekommen, sucht sich jeder die Filme nach seinem Geschmack aus. Anschließend besprechen die Freundinnen, was sie sich gemeinsam ansehen wollen. Oft gehen sie auch alleine ins Kino, denn ihre Interessen sind höchst unterschiedlich.

Heute schaut sich Wagner vier Filme an. Nach "Die fast perfekte Welt der Pauline" am Nachmittag schaut sie kurz nach Hause, um ihre Ausrüstung für das Open-Air-Kino am Abend zu holen: Regenmantel, Schirm und eine alubeschichtete, wasserdichte Decke gehören dazu. Alles hat Wagner organisiert, der Ehemann macht sich sein Essen selbst, sie sieht ihn nicht oft in dieser Zeit. Die Termine, die sie jede Woche als Nordic-Walking-Trainerin hat, versucht sie einzuhalten, aber das Kino geht vor. Zur Not muss der Sport ausfallen.

Auch auf die Open-Airs des Filmfestivals wie hier in Tutzing ist die Kinogruppe vorbereitet. Zur Ausrüstung gehört z. B. eine wasserdichte Decke. (Foto: Arlet Ulfers)

"Ich verliere nie die Lust", sagt Wagner. Im Gegenteil, sie habe stets das Gefühl, sie versäume etwas, wenn sie nicht im Kino ist. Die Auswahl sei riesig, da könne man sich schlecht entscheiden. Dann schwärmt sie von dem Film "Viktoria", der in einer einzigen 139-minütigen Kameraeinstellung gedreht worden ist.

Nora Neumüller und Renate Krell gehören ebenfalls zum harten Kern der Kino-Gruppe. Auch sie sind Rentnerinnen und können sich ihren Tag frei einteilen. Sie sehen sich täglich zwei bis drei Filme an. Nora Neumüller mag Filme, die sie zum Nachdenken bringen und Dokus. Renate Krell liebt es, im Kinosessel in eine andere Welt einzutauchen. Sie interessiert sich für ein Sammelsurium an Themen, vor allem für Dinge, mit denen sich sie noch nie befasst hat. So ein Film-Erlebnis begleite sie noch eine ganze Zeit lang, sagt sie.

Außenseiterfilme, die es normalerweise nie ins Kinos schaffen, sehen sich alle gerne an. Darüber hinaus finden sie es fantastisch, dass man auf dem Festival auch Regisseure und Schauspieler aus der Nähe erlebt. Und gegen "das Chaos im Kopf", das entsteht, wenn man so viele Filme in kurzer Zeit ansieht, haben alle ein einfaches Rezept: Ein kurzer Blick in ihre Notizen genügt - und sie erinnern sich an jeden einzelnen Film.

Allerdings hat das Filmfestival auch Schattenseiten für eingefleischte Kinogänger. Da täglich mehrere Filme nacheinander in einem Raum gezeigt werden, bleibt nicht viel Zeit zum Lüften. Beim fünften Film sei es so stickig im Raum, dass man es kaum aushalte, sagt Wagner. Zudem seien manche Filme überlaufen- und man müsse sich schon eine Stunde vorher anstellen, um einen guten Platz zu bekommen. "Es ist manchmal ein Kampf vorher." Open-Air im Regen ist nach ihren Erfahrungen auch "nicht lustig".

Kinofans: Renate Krell, Nora Neumueller, Elvira Sikeler und Christine Dittberner (von links) gehören zur Fangruppe. (Foto: Nila Thiel)

Die Gruppe ist über den Starnberger Kneippverein zusammengekommen. Das "Montagskino"-Angebot ist ein fester Bestandteil im Vereinsprogramm. Als Vorsitzende motiviert Renate Wagner viele Mitglieder zum Mitmachen. Sie ist überzeugt davon, dass nicht nur der gemeinsame Kinobesuch die Stimmung hebt, sondern auch das Zusammensein hinterher. Bei einem Glas Wein wird über den Film geredet, es wird geratscht und gelacht. "Es ist eine schöne Gemeinschaft", sagt Renate Wagner.

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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