Starnberg:Die Tragfähigkeit des Glaubens

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Die evangelische Kirchengemeinde organisiert ein großes Festprogramm zum Reformationsjubiläum. Einer der Höhepunkte ist ein Gottesdienst auf der MS Seeshaupt genau über der tiefsten Stelle des Starnberger Sees

Von Otto Fritscher, Starnberg

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Starnberg wird das Reformationsjahr 2017 mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gebührend feiern. Vortragsreihen, Konzerte, Filme über Martin Luther und natürlich Gottesdienste zum Thema "500 Jahre Reformation", aber auch einen Seegottesdienst auf der MS Starnberg, der genau über der tiefsten Stellen des Starnberger See abgehalten werden wird, hat sich das Organisationsteam ausgedacht. An dessen Spitze stehen die drei Pfarrer Hans Martin Schroeder, Stefan Koch und Birgit Reichenbacher. Bei einem Pressegespräch am Mittwochmittag im Gemeindehaus wurde aber auch deutlich, dass die 4000 Seelen zählende Kirchengemeinde Starnberg das Jubiläum zum Anlass nimmt, um die Friedenskirche in der Kaiser-Wilhelm-Straße zu renovieren. Und das mit beträchtlichem baulichen und finanziellen Aufwand. "Wir brauchen eine neue Orgel, und zusammen mit der fälligen Kirchenrenovierung kommen da Kosten von etwa 500 000 Euro auf uns zu", sagt Pfarrer Stefan Koch.

Neben der Orgel soll unter anderem die Heizung der 1892 in dieser Form gebauten Kirche erneuert werden. Und auch die Inneneinrichtung soll wieder modernisiert werden, oder - wenn man so will - in den Zustand der siebziger Jahre zurückversetzt werden. Damals wurde der Mittelgang zwischen den Bankreihen abgeschafft, um bei den Gottesdienstbesuchern "das Gefühl der Nähe zu erzeugen", wie Pfarrer Hans Martin Schroeder erklärt. Dies habe sich aber als Nachteil erwiesen, etwa wenn die Konfirmanden in die Kirche einziehen. "Die müssen sich dann an der Mauer entlang drücken." Bis zum Reformationstag am 31. Oktober, der dieses Jahr ein gesetzlicher Feiertag ist, soll das Interieur ummöbliert und aufgehübscht sein. Klar ist für die Pfarrer: "Wir sind auf Spenden angewiesen, aber wir haben dieses große Vorhaben im Kreuz", wie Koch sagt. Die erste evangelische Kirche in Starnberg ist bereits 1875 gebaut worden, an der selben Stelle wie die heutige Friedenskirche. Die Kirchengemeinde hat zirka 4000 Mitglieder, in den angrenzenden Orten Feldafing und Tutzing sind es rund 200, in Berg gut 1000. Manche Jubiläumsveranstaltungen stemmen die vier Pfarreien gemeinsam.

Hier ein Auszug aus dem Programm. Ein ökumenischer Gottesdienst mit dem katholischen Stadtpfarrer Werner Haus und seiner evangelischen Kollegin Birgit Reichenbacher am 21. Januar, 19 Uhr, in St. Stephan in Söcking bildet den geistlichen Auftakt des Jubiläums. Am 2. Februar spricht um 19 Uhr im Gemeindesaal der Ministerpräsident a.D. Günther Beckstein zum Thema "500 Jahre Reformation - evangelisch heute". Ein Kino-Wochenende, das Einblicke in die Gegebenheiten der Reformation geben soll, findet am Samstag, 18. Februar, und Sonntag, 19. Februar statt. Drei Verfilmungen des Lebens von Martin Luther werden im Starnberger Breitwand-Kino gezeigt. Am 18. März wird in der Münchner Olympia-Halle das Pop-Oratorium "Martin-Luther" aufgeführt, an dem drei Chöre der Starnberger Kirchengemeinde und deren Kantor Ralf Wagner teilnehmen.

Die Friedenskirche: Auch hier wird gefeiert. (Foto: Arlet Ulfers)

"Das wird richtig schön", sagt Koch über die Abendkreuzfahrt auf der MS Starnberg am Sonntag, 25. Juni, ab 17.30 Uhr. Das Schiff wird in Starnberg ablegen und dann Berg, Possenhofen und Tutzing ansteuern. Der Gottesdienst soll genau über der tiefsten Stelle des Starnberger See, knapp 130 Meter über dem Seegrund, vor Allmannshausen gefeiert werden. "Am kirchlichen Gedenktag der Überreichung der Darlegung ihres Glaubens auf dem Augsburger Reichstag des Jahres 1530 lässt sich live erleben, wie tragfähig die reformatorischen Einsichten heue noch sind, gerade auch an der tiefsten Stelle des Starnberger Sees", sagt Pfarrer Koch. Ein Ticket kostet nur zehn Euro.

Nächstes Highlight ist eine Roadshow am 4. Juli auf dem Kirchplatz. Vormittags können Schulkinder etwas über Luther erfahren, nachmittags gibt es " Reformationskaffee" mit Aktionen rund um Katharina Luther, Grußworte und Videobotschaften. "Mit Luther im Biergarten" heißt dann eine offene Gesprächsreihe von Montag, 14. August, bis Samstag, 19. August, jeweils 16.30 Uhr, im "Maximilian's". Pfarrer Koch präsentiert "erlesene Texte reformatorischen Denkens", über deren heutige Bedeutung diskutiert wird.

125 Jahre evangelisches Gotteshaus wird mit einem Kirchweihgottesdienst und der Weihe der neuen Altarbibel am Sonntag, 27. August, gefeiert. Am Dienstag, 31. Oktober, dem Reformationstag, beginnt um 9.30 Uhr ein Festgottesdienst. Um 15.17 Uhr sollen als Analogie zum Jahr 1517, in dem Luther seine Thesen an die Kirchentür in Wittenberg nagelte, die Glocken in Starnberg läuten, "und vielleicht nicht nur an unserer Kirche", wie Pfarrer Koch hofft.

Christine Adler (v. li.), die Pfarrer Hans Martin Schroeder und Stefan Koch sowie Elke-Maria Schroeder mit dem Jubiläumsprogramm. (Foto: Arlet Ulfers)

Elke-Maria Schroeder, die Kulturbeautragte der Kirchengemeinde hat darüber hinaus noch ein extra Kulturprogramm mit zwölf Veranstaltungen im ersten Halbjahr organisiert. So gibt es etwa am Valentinstag, 14. Februar, einen ökumenischen Gottesdienst im Carolinenhaus in Söcking "für Menschen, die sich lieb haben". Und am Abend des selben Tages ebendort Kühnels Kabarett zum Thema "Was sich liebt, das neckt sich". Am 1. Juni, 19.30 Uhr, gibt es eine einmalige Lesung mit Brigitta Reihl, Erika Schalper und Otto Göttler über "Oskar Maria Graf im Portrait" - und Musik vom Bairisch Diatonischen Jodelwahnsinn im Gemeindesaal. Das Kulturprogramm und die Übersicht zu den Jubiläumsveranstaltungen kann im Pfarramt (08151/12 319) oder per Mail an pfarramt.starnberg@elkb.de angefordert werden.

Und wie steht es beim Reformationsjubiläum mit der Ökumene? Auch dazu hat Pfarrer Koch eine klare Ansage: "Natürlich feiern wir Gottesdienste mit unseren katholischen Kollegen, und auch die Roadshow findet ja auf dem katholischen Kirchplatz statt", sagt Koch und lacht. Und dann fügt der Pfarrer noch hinzu. "Wir sind aber sehr deutlich evangelisch."

© SZ vom 12.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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