Starnberg:Die Stimmung kippt

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Bürgermeisterin Eva John hat mit ihren Alleingängen Vertrauen zerstört und einstige Unterstützer nachhaltig verprellt

Von Peter Haacke, Starnberg

Sie hat es in der vergangenen Zeit nicht leicht gehabt, die Starnberger Bürgermeisterin: Erst brachte Eva John die Bürger mit diversen Verkehrsexperimenten in der Innenstadt in latente Aufruhr, jetzt pulverisiert sich zusehends ihre Allianz aus "Wählergemeinschaft pro Starnberg" (WPS), "Bündnis Mitte Starnberg" (BMS), Bürgerliste Starnberg (BLS) und den Liberalen der FDP. Bislang boxten diese Gruppierungen in eiserner Nibelungentreue dank hauchdünner Mehrheit viele umstrittene Entscheidungen im Stadtrat durch. Doch diese Zeiten dürften vorbei sein: Nach Angelika Kammerl und Sieglinde Loesti, die sich im Mai von der WPS lossagten, sind nun auch Michael Mignoli und Franz Heidinger aus dem "Bündnis" ausgeschert - jene Gruppierung, die dereinst ausgerechnet die CSU-Dissidenten Josef Pfister und Eva John aus der Taufe gehoben hatten. Nach nur zwei Jahren versagt nun eine Mehrheit im Stadtrat Eva John offen die Gefolgschaft.

Das Misstrauen gegenüber John muss groß sein in der Allianz, oder besser: Was von der Vereinigung der Umfahrungsbefürworter noch bleibt. Insbesondere der selbstherrlich anmutende Regierungsstil der Bürgermeisterin, die wiederholt mit einsam gefällten und im Vorfeld nicht kommunizierten umstrittenen Entscheidungen sogar die eigenen Gefolgsleute verblüffte, dürfte entscheidend sein für den Erosionsprozess. Doch auch erbittert geführte Auseinandersetzungen und persönliche Diffamierungen hinter den Kulissen dürften ihren Anteil daran haben. Zwar versuchten Günther Picker (WPS) und Josef Pfister (BMS) mit aller Gewalt, die Reihen der Allianz geschlossen zu halten. Vergebens. Der bislang praktizierte Fraktionszwang in der Allianz gewährleistet fortan keine Mehrheiten mehr. Damit einher geht ein Machtverlust der Bürgermeisterin, die viel von ihrem Vertrauensvorschuss im Stadtrat, aber auch in der Bürgerschaft, nachhaltig verspielt hat. Vom schönen Bild, mit dem sich John einst im Wahlkampf mal mit Apfel, mal mit Pinsel in der Hand selbst inszenierte, ist kaum etwas geblieben. Ob es nun um den Weg am Hochwald, den heimlich verkauften Wangener Weiher, innerstädtische Verkehrsregelungen oder Bauangelegenheiten ging: John und ihre Verwaltung entschieden allein, von propagierter "Bürgernähe" oder "Transparenz" keine Spur. Der Stadtrat erschien nur noch wie ein lästiges Anhängsel, das sich wiederholt von der Rathaus-Chefin ausgetrickst fühlte.

Doch jetzt kippt die Stimmung: Es ist immer häufiger die Rede davon, dass John den großen Herausforderungen Starnbergs - Verkehr und Seeanbindung - kaum gewachsen ist, zumal insbesondere Kommunikation nicht als ihre Stärke gilt. Dabei wären Gespräche, etwa mit der Deutschen Bahn oder mit "Alte Post" -Geschäftsführer Krenn zum "Centrum", dringend angezeigt. Auch die jüngst beantragte Änderung der Geschäftsordnung für den Stadtrat, die von einer Mehrheit des Gremiums gefordert wird, verdeutlicht das Misstrauen: Mehr Kompetenzen für den Stadtrat, weniger Befugnisse für die Bürgermeisterin - eine Korrektur, die Schlimmeres verhüten soll. Im Stadtrat dürften somit - ohne Fraktionszwang - wieder sachgerechtere Entscheidungen fallen. Doch abgesehen vom Prozedere der Ausschuss-Umbesetzungen bleibt die alte Frage nach Tunnel oder Umfahrung weiterhin offen: Die von der WPS ins Spiel gebrachte ortsnahe Variante dürfte kaum noch Thema sein. Somit bleiben nur die von BLS-Chef Walter Jann favorisierte ortsferne Trasse, der Tunnel - oder nichts. Das Thema Verkehr wird für John damit nicht leichter.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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