Starnberg:Die Hoffnungsbringer

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Mit Herz und Seele ganz bei der Sache: Die "Gospel People" in der Starnberger Schlossberghalle. Sie boten eine große Show. (Foto: Georgine Treybal)

Die "Gospel People" aus New York sind nicht nur stimmlich eine Klasse für sich, sondern haben auch den richtigen Groove. Die Zuschauer sind begeistert

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Sie sind nicht nur Sänger, die gelegentlich auch mal Gospel singen. Nein, sie sind allesamt mit Herz und Seele Gospel-Sänger, die ihre musikalischen Wurzeln im Kirchengesang haben. Die schwarzen The Gospel People aus New York City stehen auch nicht für eine kommerzielle Marke, unter der unzählige Ensembles unterwegs sind.

Die siebenköpfige Truppe gibt es nur ein Mal - und der Artistic Director und Arrangeur Charlie, alias Charles W. Creath, spielt das Piano. Und auch wenn sie nur in wenigen Stücken in der Starnberger Schlossberghalle in der Reihe "All that Jazz" im Vordergrund stand: Ja, Deidre Valentine ist jemand ganz besondere. Die Big Mama, die sonst auch für Sondergrößen modelt und als Make-up-Künstlerin einen Namen hat, bringt mit ihrer imposanten Aura irgendwie die Wurzeln des Gospels auf die Bühne. Und es ist nicht nur ihre gewaltige Stimme - weiß Gott, die anderen vier Sänger haben sie auch! -, die hier eine Rolle spielte. Es ist ein gewisser Groove, der in jeder ihrer wiegenden Bewegungen steckt. Und es ist die bedingungslose Hingabe, mit der es ihr darum geht, nicht etwa mit möglichst sportlicher Stimmakrobatik das Publikum zu beeindrucken, sondern aus tiefster Seele die Botschaft des Gospels zu verkünden.

Mag sein, dass wir heute hier weit von dem Elend entfernt sind, das diese Musik einst hervorgebracht hat, woran der afrikanische Song "Hlonolofatsa" gleich zu Beginn erinnerte. Und dennoch: Die Tournee der Hoffnung - die "Hope-Tour" - hat schon einen sehr aktuellen Hintergrund, betrachtet man die weltweit verbreiteten Krisenherde und deren Auswirkungen, die nun an den Türen unserer luxuriösen Behausungen klopfen. Die Not hat eine andere, modernere Form eingenommen, um es lapidar zu formulieren. Deshalb ist es aber auch sinnvoll, den Gospel der heutigen Musik anzupassen.

The Gospel People sind daher keine ausschließlich traditionelle Truppe, sondern auch die Hoffnungsbringer der Zukunft. Und dafür sorgen nicht nur der vitale Schlagzeuger Ernest Meredith und der Keyboarder Brandon Landrum, der auch immer wieder den Tastenpart der Konserve überließ, um sich sängerisch im Quartett der jüngeren Generation einzubringen. Und das läutete hier eine neue Ära des Gospelgesangs ein. Vor allem der Leadsänger Owen Nixon, der sich außerdem als Prediger überzeugend und eindringlich machte. Für seine eher schlaksige Erscheinung gab es schon bald eine Erklärung: Nixon stand selten still. Die Wirkung blieb nicht aus, denn schon nach zehn Minuten hatte er das Publikum im Griff.

Nur noch kurz und einmal mehr das Off-Beat-Klatschen beigebracht, und das Publikum ging aus sich heraus und folgte Nixons Anweisungen. Doch Nixon machte nicht nur Show, sondern sang auch mit kraftvoller Stimme, was insbesondere in den Rock-, Reggae- und Karibik-Versionen des Gospels ordentlich mitriss. So etwa in "Havin' a good Time". Mit "Stand by me" vermochte er aber auch für Gänsehaut zu sorgen.

Was die Stimmgewalt angeht, hatten die Frauen dennoch die Nase vorne. Jennifer Kelley im Alt und Brightnie Jones im Mezzosopran haben ihre Stärke zweifelsohne im Soul, der hier keinesfalls zu kurz kam. Genauso wenig wie die Klassiker wie "Amazing grace", "Amen", "Great is your Name" oder auch im Weihnachtsblock "We wish you a merry Christmas". Die ergreifendsten Momente gehörten allerdings wohl doch dem A-cappella-Gesang im Chor.

Warmtonig ausbalanciert, gingen diese eindringlichen Hymnen mächtig unter die Haut, wenn auch der Schlussmarathon mit dem Powergesang am stärksten umjubelt wurde. Ein paar Zugaben waren dann schon nötig, um das Konzert zu beenden.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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