Starnberg:Der Weltenordner

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Reiner Wagner zeigt in der Starnberger Galerie Thoma aufgeräumte Landschaften und Stillleben

Von Katja Sebald, Starnberg

Reiner Wagner ist ein "Weltenordner": Auf dem See gibt es keine Bojen und keine Schiffe. Keine Strommasten verstellen die sanft geschwungenen Hügellandschaften, keine Autos fahren auf den schnurgeraden Wegen und Straßen. Vor allem aber gibt es keine Menschen in diesen aufgeräumten Landschaften. Nur hier und da sieht man einen Heustadel auf einer Wiese oder ein paar Bootshäuser am baumbestandenen Ufer, die an die Existenz menschlichen Lebens erinnern. Wer jedoch die Landschaft um den Starnberger See kennt, der wird fast jedes dieser "aufgeräumten" Bilder verorten können. Und genau das macht ihren besonderen Reiz aus. Derzeit sind die Landschaftsbilder vom Starnberger See und einige Stillleben von Reiner Wagner in einer Ausstellung in der Thoma Galerie in Starnberg zu sehen.

Reiner Wagner wurde 1942 in Hildesheim geboren. Er studierte Malerei in München bei Hermann Kaspar und in Berlin bei Heinz Trökes. Seit 1965 lebt er abwechselnd in Pischetsried am südlichen Ende des Starnberger Sees oder auf Korsika. Ausstellungen in der renommierten Münchner Galerie Günther Franke machten ihn in den siebziger Jahren bekannt, seither waren seine Bilder in ganz Deutschland zu sehen.

Seine beiden recht unterschiedlichen Sehnsuchtslandschaften, einerseits das sattfarbige "Blaue Land", andererseits die sonnigen mediterranen Farben, inspirieren ihn zu Bildern, die von einigen wenigen wiederkehrenden, meist zeichenhaft verkürzten Elementen - Haus oder Hütte, Weg oder Straße, Berg oder Hügel, See oder Meer - bestimmt werden. "Denn der Schaffende muss eine Welt für sich sein und alles in sich finden in der Natur, der er sich angeschlossen hat." So lautet ein Zitat von Rilke, mit dem die aktuelle Ausstellung überschrieben ist. Sorgfältige Kompositionen von Flächen, Formen und ihren Farben, ästhetische und entpersonalisierte Idealwelten waren die Bilder von Wagner früher. In seinen jüngeren Bildern aber geht es ihm mehr und mehr um Stimmungen. Die Landschaften sind individueller geworden. Das Ausschnitthafte tritt an die Stelle des Formelhaften. Wasser oder Wiese sind nicht mehr einfach nur Flächen, sondern werden farblich nuanciert gestaltet. Es gibt Lichtreflexe auf dem Wasser, es gibt von der Sonne beschienene Holzwände und lange Schatten auf der Wiese oder helle und dunkle Partien im Laub der Bäume. Geblieben aber sind eine große Stille und weite Leere in den Bildwelten von Reiner Wagner, die wohl auch ihr Faszinosum ausmachen.

Dies gilt nun auch für die Stillleben: Es sind sorgfältig inszenierte "Tischlandschaften" von beinahe surreal anmutender Weite und mit starken Hell-Dunkel-Kontrasten. Für einen leeren weißen Teller auf einem weißen Tischtuch vor einem dunkelblauen Hintergrund wählt der Maler eine ungewöhnliche Perspektive, die den Raum geradezu unendlich erscheinen lässt. Es gibt aber auch Anordnungen von Malutensilien wie Pinsel, Tuben, Becher und Flaschen auf einer dunklen Fläche, Früchte in einer Schale oder Blumen in einer Vase, immer geht es auch um auch den Raum und das Licht.

Die Ausstellung von Reiner Wagner ist noch bis zum 17. Juli 2016 jeweils Dienstag bis Freitag von 14 bis 19 Uhr sowie samstags von 11 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung (08151-973715) in der Thoma Galerie, Achheimstraße 4 in Starnberg, zu sehen

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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