Starnberg:Der Mann für den richtigen Moment

Lesezeit: 3 min

Er liebt die Leicas, die alten wie die neuen Modelle. Fotografenmeister Thomas Huttig ist in Zeiten groß geworden, als Filme noch entwickelt wurden. (Foto: Franz X. Fuchs)

Nach mehr als 65 Jahren schließt Thomas Huttig das Fotofachgeschäft in Starnberg. Sinkende Margen und steigende Mieten haben zum Aus geführt. Damit gibt es wieder ein alteingesessenes Geschäft weniger in der Kreisstadt

Von Otto Fritscher, Starnberg

Wie man ein gutes Foto macht, das weißt Thomas Huttig ganz genau, es sei eigentlich ganz einfach. "Man muss nur den richtigen Moment erkennen und auf den Auslöser drücken", erklärt Huttig, der vor 35 Jahren das Fotogeschäft seiner Eltern Willi und Vera Huttig in Starnberg übernommen hat. Den richtigen Moment zu erkennen - das hat der Jährige wohl auch für sein Berufsleben erkannt.

Ende August schließt das Geschäft an der Wittelsbacher Straße, das Willi Huttig 1948 in Starnberg, zunächst an der Haupt- und dann an der Ludwigstraße, etabliert hatte. Willi Huttig war Heimatvertriebener aus dem Sudetenland, er arbeitete zunächst für eine amerikanische Zeitung als Fotograf. 1980, nach seiner Meisterprüfung als Fotograf in Würzburg war Thomas Huttig eingestiegen. "Dass wir das Geschäft lange Zeit als Familie geführt haben, das hat mir immer besonders gut gefallen", sagt er.

Doch auch nach dem Tod der Eltern stand er Tag für Tag im Land, und war auf vielen Feiern und Veranstaltungen im Landkreis mit seiner Kamera eine feste Größe. Doch das Geschäft schließt unwiderruflich am kommenden Samstag. Der Grund, und das ist Thomas Huttig wichtig, sei nicht der Siegeszug der digitalen Fotografie, über den manche Kollegen Jammern. Der neuen Technik habe er sich nie verschlossen. Indes, sinkende Margen, die Konkurrenz durch das Shopping im Internet, und nicht zuletzt eine steigende Miete in den Seearkaden, wo das Geschäft die letzten 23 Jahre residierte, waren die ausschlaggebenden Gründe, jetzt aufzuhören. "Es ist der richtige Moment", sagt Huttig, und er lacht dabei. Ein Einzelhandel in der kleinen Größe wie Foto Huttig sei heute nicht mehr rentabel zu führen.

Keine Wehmut? Nun ja, ein bisschen schon, gibt Huttig zu, auch senn er sich schon lange auf die Geschäftsaufgabe vorbereitet habe. Vor allem zu vielen seiner Stammkunden habe er eine gute Beziehung, die werde er vermissen. Aber: ."Ich mache einen sehr geordneten Rückzug, und freue mich auf meine Arbeit als freier Fotograf."

Damit gibt es in Starnberg nun keine Fotogeschäft mehr, lediglich die Annahmestellen und Druckstationen in diversen Drogeriemärkten. Vor Jahren schon hatte das Fotogeschäft Wörsching, ebenso ein Traditionsladen wie der von Huttig, geschlossen, ebenso Peter Vogl sein Geschäft in der Ludwigstraße. Müssen die Starnberger jetzt nach München fahren, um Passbilder machen zu lassen? "Nein", sagt Huttig, sein Mitarbeiter Wolfgang Grimm wird im "Tabak- und Presseshop" auf der gegenüberliegenden Seite der Seearkaden an der Maximilianstraße ein Mini-Fotostudio eröffnen, mit der Profi-Ausrüstung aus Huttigs Geschäft. "Dann müssen die Starnberger nicht nach München fahren, wenn sie schnell mal ein Pass- oder Bewerbungsfoto machen", sagt Huttig. Terminvereinbarung sei allerdings angeraten.

Die Kamera wird Huttig aber auch nach der Schließung des Geschäfts nicht aus der Hand legen. Er wird weiterarbeiten, als Fotograf für Events, wie man Hochzeiten, Taufen, Geburtstage und andere Ereignisse nennt, die für die Nachwelt im Bild festgehalten werden sollen. Und für seine Kunden aus der Wirtschaft wird er weiterfotografieren. Ob nicht mal was schief gegangen ist bei einer Reportage. Huttig denkt nach, und erzählt den Klassiker: "Bei einer Hochzeit kein Film in der Kamera." Die Szene konnte aber mit dem damaligen Berger Bürgermeister Josef Uecker nachgestellt werden. Huttig will auch für sich weiter fotografieren, denn ohne Fotoapparat geht er quasi nie aus dem Haus. Selbst zum Rudern - jeden Tag um sechs Uhr früh auf dem Starnberger See - nimmt einen Fotoapparat mit. "Manchen Sommer mach' ich fast gar keine Bilder, in anderen wieder fast jeden Tag, weil es eine ganz eigene Stimmung am See ist", sagt Huttig. Auch die Berge liebt Thomas Huttig wie sein Vater Willi, etwa bei vielen Skitouren im Winter. Eindrucksvolle Naturfotos sind dabei entstanden. Huttig will mit seiner Frau mehr auf Reisen, zum Beispiel nach Afrika, wo Tiere ein spannendes Motiv sind.

Huttig hat in seinem Fotografenleben schon viele spannende Situationen erlebt und festgehalten, auch Promis waren dabei, wie Peter Maffay, den er in seinem Studio porträtiert hat, oder Gloria Fürsten zu Thurn und Taxis. Sein Vater Willi hatte auch schon Berühmtheiten vor der Linse: etwa Elvis Presley auf der Starnberger Seepromenade. Schätze wie diese schlummern in Huttigs Archiv. Er will es sortieren und auswerten, wenn es seine Zeit erlaubt.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: