Starnberg:Der Elfenwald am Seeufer

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Die Kolpingbühne Starnberg wagt sich an Shakespeares "Sommernachtstraum" und liefert eine bairische Inszenierung mit viel Charme und Witz ab

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Liebe, Lust und Leidenschaft mit all ihren Irrungen und Wirrungen, dazu märchenhafte Zauberei: William Shakespeares "Sommernachtstraum" enthält alles, was tiefgehende Unterhaltung ausmacht. Kein Wunder, dass die Komödie zu den meistgespielten Theaterstücken gehört und auch nach 400 Jahren nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat. Die Kolpingbühne Starnberg hat sich an die bairische Fassung von Johannes Reitmeier herangewagt und gab das urkomische Stück bei der Premiere am Donnerstag mit Bravour.

Autor Reitmeier und seine Assistentin Barbara Kerscher haben das klassische Werk mit Fingerspitzengefühl in die bairische Sprache übersetzt. Dennoch ist auch ihre Fassung kein simpler Stoff. Die Figuren brauchen die Kunst der Differenzierung, die Atmosphäre muss stimmig sein. Josef Hiebl, Spielleiter der Kolpingbühne, hatte noch mit weiteren Problemen zu kämpfen. Reitmeiers Fassung ist im oberpfälzischen Dialekt geschrieben, sie musste geändert werden. Was nicht einfach war, denn einen Starnberger Dialekt gibt es so nicht. Die Jugendlichen sprechen nach Hiebls Erfahrung ohnehin kaum mehr Dialekt. Der Spielleiter hat das Ganze pragmatisch gelöst; seine Spieler dürfen reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das hat seinen eigenen Reiz und belebt das Stück. Zudem musste Hiebl das von Reitmeier für eine Freilichtbühne geschriebene Stück stark kürzen und im Pfarrzentrum umbauen, um die Komödie auf der beengten Bühne zeigen zu können. Weil das Stück in der heutigen Zeit spielt, wurden englische Begriffe und moderne Schlager eingebaut. Die Figuren der antiken Athener Gesellschaft treten in Dirndl und Lederhose auf, die Hochzeit wird von einem "Wedding-Planer" organisiert, und der Elfenwald wird kurzerhand an das Starnberger Seeufer verlegt. Auch die Kostüme sind originell. Die Elfen (sehr selbstsicher: die Mädchen aus der Jugendtheatergruppe) sind im Hippielook gekleidet, während der Herzog und seine Höflinge in mittelalterlichen Kostümen auftreten. Überraschend: Puck, der Hofnarr des Elfenkönigs Oberon, ist eine Frau. Was natürlich auch passt. Cornelia Springer ist die Rolle buchstäblich auf den Leib geschrieben. Sie stellt Puck nicht als bösartige, dunkle Macht dar, sondern als quirligen, zu Späßen aufgelegten Kobold, der zusätzliche Verwirrung stiftet.

Das märchenhafte Spiel um einen bösen Zauber machen die ständig streitenden Elfenkönige komplett. Hans Otto setzt Oberon arglistig um, Julia Laubender spielt seine Frau mit hinreißendem Charme. Bestens besetzt sind auch die Liebespaare (Marlene Graß und Florian Ranftl sowie Chiara Hanika und Robin Sprinkart), die mit zum Teil deftigen Beleidigungen um sich werfen. Die Handwerker werden mit ihrem grotesken "Spiel im Spiel" zu einem Höhepunkt der Inszenierung. Wunderbar agiert Norbert Kraxenberger als Zettel und Pyramus. Viel beklatscht auch Anton Summer als Löwe mit einem Wischmob auf dem Kopf und Tom Schnauz als Wand mit einem Ziegelstein um den Hals. Die Darsteller der Nebenrollen agierten ebenfalls glaubwürdig und sicher.

Alles an Hiebls Fassung war stimmig, vom wunderbaren Bühnenbild über Beleuchtung und Technik bis hin zur Inszenierung. Er brachte das Stück prägnant und treffsicher auf den Punkt. Hiebl hat mit seinen 50 Jahren Theatererfahrung wieder einmal bewiesen, dass eine Laienspielgruppe durchaus Theater mit professionellem Anspruch machen kann.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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