Starnberg:Den letzten Tagen mehr Leben geben

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Die Palliativstation im Starnberger Klinikum feiert ihr zehnjähriges Bestehen

Von Anna-Elena Knerich, Starnberg

"Es ist nicht der Tod, es ist das Sterben, das mir Angst macht.", zitierte Landrat Karl Roth den französischen Philosophen Montaigne bei der Jubiläumsfeier der Palliativstation am Mittwoch. Den Sterbenden und unheilbar Kranken diese Angst zu nehmen und ihnen ein würdevolles, möglichst schmerzfreies Lebensende zu bereiten, ist Aufgabe der Palliativeinheit. An Stelle des erkrankten Geschäftsführers des Starnberger Klinikums, Thomas Weiler, eröffnete Professor Arnold Trupka die Feier zum zehnjährigen Bestehen der Station.

Sein Dank galt neben den Unterstützern und Förderern all denjenigen, die sich mit Herzblut und viel Zeit intensiv für die Patienten engagierten. Denn zur Palliativmedizin gehöre nicht nur die fachärztliche Schmerztherapie, es spielten "viele kleine Rädchen ineinander": kirchliche Seelsorger zur Betreuung der Patienten und deren Angehörigen, kompetente Pflegefachkräfte sowie ambulante Palliativnetzwerke, Physio- und Atemtherapeuten und nicht zuletzt viele Ehrenamtliche, die etwas Normalität in die Station bringen. Am 16. April 2006 eröffneten die Ärzte Wolfgang Schweiger und Thomas Weiler die Palliativstation B3, deren Weg die beiden "federführenden Idealisten" bereits seit 2002 ebneten. Sie nahmen sich damit der neuen Aufgabe an, nicht mehr intensivmedizinisch die Grunderkrankungen zu behandeln, sondern ausschließlich auf die besonderen Bedürfnisse leidender Menschen in der letzten Phase ihres Lebens einzugehen. Für die heutige Leiterin und Oberärztin Silke Weich gibt es den Satz "Da kann man nichts mehr machen" nicht - man könne immer etwas tun, um das Leid der Patienten zu lindern, "und sei es nur, ihre Hand zu halten - auch als Arzt". Ziel sei vor allem die "Kontrolle von schwerwiegenden Symptomen". Die Palliativmedizinerin kämpft gegen das auch unter Ärzten verbreitete Vorurteil, Palliativmedizin sei "Sterbemedizin". Denn laut Mortalitätsstatistik sterben nur etwa 50 Prozent der Patienten auf der Station, die restlichen werden entlassen und von spezialisierten Versorgungsteams ambulant weiter betreut. Heute umfasst die Station sechs Betten in vier hellen, künstlerisch gestalteten Zimmern. Unter der Leitung von Eva-Maria Drummer sind immer mindestens neun Pflegekräfte auf der B3 aktiv, und es gibt eine zusätzliche, durch Spenden finanzierte Nachtwache, weil die Patienten besonders nachts Gesprächsbedarf haben. Die Einheit arbeitet sehr eng mit Hospizen und weiterführenden Palliativeinrichtungen zusammen. Seelsorgerin Renate Ilg hat seit der Gründung der Station schon viele Sterbende und deren Angehörige begleitet, vorwiegend mit Einzelgesprächen. Diese sind oft erst durch die schmerzlindernden Übungen mit einer Atemtherapeutin möglich. Die rituelle Seelsorge reicht von Krankensalbung, über Aussegnung bis hin zu Beerdigung. Trotz Erfahrung ist es nicht einfach, denn ein Seelsorger wird oft von der Familie gebeten, dem Patienten zum Schluss mitzuteilen, dass er sterben muss. Deshalb gibt es auch spirituelle Angebote für Hospizbegleiter und Pflegekräfte, ebenso wie ein Trauercafé und ein jährliches Trauerseminar im Kloster Andechs.

Die Station wird über das DRG-Entgeltsystem finanziert, doch trotz mehrerer Kürzungen hat sich die Starnberger Palliativeinheit in diesen zehn Jahren fest etabliert. Die Sterbenden bis zuletzt die Nähe der Menschen spüren zu lassen, die für sie da sind - das gelingt dem Netzwerk im Landkreis. Das geht auch aus dem dankbaren Brief eines Angehörigen hervor, den der Landrat vorlas und sich freute: "Wir haben alles richtig gemacht und wir machen alles richtig."

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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