Günstiger Wohnraum für Sozialschwache:Das Flüchtlingsheim aus dem Regal

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Der Kreisbaumeister Christian Kühnel will Gemeinden, Zweckverbänden und Investoren eine Standardlösung anbieten und schreibt dazu europaweit einen Wettbewerb aus. Die wichtigsten Kriterien: günstig, schnell und qualitätsvoll

Von Otto Fritscher, Starnberg

Für den Starnberger Landrat Karl Roth ist es beinahe schon Tagesgeschäft: Informationsveranstaltungen in den Gemeinden, in denen Unterkünfte für Asylbewerber eingerichtet werden sollen, und das sind alle 14 Kommunen im Landkreis. Dann stehen im Nachgang Besichtigungstermine in den einzelnen Wohncontainer-Anlagen, Zeltstädten und sonstigen Unterkünften an. Zum Jahresende rechnet der Landkreis mit insgesamt gut 4000 Flüchtlingen, die ein Quartier brauchen. "Keiner weiß genau, wie viele es sein werden", sagt Roth, und er fügt hinzu: "Aber die müssen wir alle in feste Unterkünfte bringen." Das gilt vor allem für diejenigen, die schon als Asylbewerber anerkannt sind oder zumindest ein Bleiberecht haben.

"Das Ziel ist klar", sagt Kreisbaumeister Christian Kühnel. "Wir müssen günstigen, aber dennoch qualitätsvollen Wohnraum schaffen, und das auch noch schnell." Erreicht werden soll dies dadurch, dass den Gemeinden, den Wohnbau-Zweckverbänden und auch privaten Investoren sozusagen eine kleine Auswahl von möglichen Gebäudekonzepten und -varianten an die Hand gegeben wird, aus der sie dann die passende Gebäudevariante für den jeweiligen Standort wählen können. "Quasi wie aus dem Regal in einem Supermarkt", erklärt Kühnel.

Nun müssen allerdings erst einmal die einzelnen Vorschläge ausgearbeitet werden, und dazu wird es "noch im Frühjahr, also im März oder April", so der Kreisbaumeister, eine europaweite Ausschreibung geben, die von Landkreis, Gemeinden und Zweckverbänden gemeinsam getragen wird. Federführend ist dabei das Kreisbauamt. Der Wettbewerb, der sich vor allem an Architekten und Bauträger richtet, hat den Titel "Standardisierter Wohnungsbau".

"Ob Gebäude aus Holz oder in Ziegelbauweise oder sonst wie geplant werden, ist erst einmal gleich", sagt Kühnel, und wiederholt die drei obersten Kriterien: "Günstig, schnell und qualitätsvoll. Wenn wir mehr als die erhofften drei oder vier guten und realisierbaren Vorschläge bekommen, soll uns das auch recht sein."

Wie kann man beim Wohnbau Geld sparen? Kühnel hat ein Beispiel parat. "Früher waren die Elektroverteilerkästen in den Wohnungen montiert, jetzt sind sie im Keller untergebracht, was sehr viel teurer ist. Da können wir sparen, ohne dass es an die Qualität geht."

Und es soll schnell gehen mit dem Wettbewerb. Die Ausschreibung sei "im Endspurt", sagt Landratsamts-Sprecher Stefan Diebl. Aber: "Eine europaweite Ausschreibung, die ist schon recht knifflig", so Diebl. Bayernweit ist Starnberg der erste Landkreis, der sich so konkret Gedanken über permanente Unterbringungsmöglichkeiten für anerkannte Asylbewerber, aber auch für Einheimische macht. Denn, und das ist Kühnel wichtig: "Der geplante Wohnraum soll genauso Einheimischen dienen, die eine Wohnung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus suchen." Das Konzept will Landrat Roth den Bürgermeistern in der nächsten Dienstbesprechung im März schmackhaft machen.

Wenn der Wettbewerb "Standardisierter Wohnungsbau" dann gestartet ist, gliedert er sich in zwei Phasen: Zunächst werden in einem sogenannten Bieterverfahren Interessenten gesucht, die überhaupt ein Angebot abgeben wollen. Dann erst geht es an die jeweilige konkrete Ausgestaltung. Im Herbst soll dann das virtuelle Regal mit diversen Baukonzepten gefüllt werden. Erste Interessenten gibt es laut Kühnel schon. "Drei Gemeinden haben bereits angefragt; welche das sind, wollen wir noch nicht sagen."

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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