Kunstszene Starnberg:Betörendes Spiel mit dem Licht

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Farbiges mundgeblasenes und geschmolzenes Glas befindet sich frei im Raum und bietet dem Licht immer wieder neue Möglichkeiten zur Reflexion. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Im "Temporären Kunstsalon 5" in Starnberg zeigen vier Künstlerinnen, wie sie mit Drucktechniken, Makrofotografie, Glasplatten, Form und Farbe experimentieren.

Ein frischer Wind weht durch die Starnberger Kunstszene: Nach dem ehemaligen Wartesaal im Bahnhof am See ist nun ein weiteres historisches Gebäude zur kreativen Zwischennutzung freigegeben. Vier Künstlerinnen bespielen derzeit mit Malerei, Fotografie und Glaskunst den "Temporären Kunstsalon 5" im ersten Stock eines Geschäftshauses in der Josef-Jägerhuber-Straße 5, weitere Ausstellungen sollen noch in diesem Sommer folgen.

Das Projekt geht auf Initiative der Starnberger Fotokünstlerin Marlen Peix zurück. Zusammen mit Veronika Flesch, Karin Pfab und Gotlind Timmermanns gestaltet sie auch die Auftaktveranstaltung in der provisorischen Galerie. Für ihre jüngsten Bilder hat Peix mit verschiedenen Drucktechniken experimentiert, unter anderem mit Intagliotypie: Bei diesem Verfahren werden Fotomotive auf einen Polymerfilm übertragen und dann gedruckt, das Ergebnis mutet wie eine Radierung an. Durch Montagen aus mehreren Bildmotiven erzeugt sie Verfremdungseffekte, Figuratives wird zeichenhaft verkürzt und zuweilen bleiben vom ursprünglichen Foto nur abstrakte Linien- und Flächen übrig.

Die Künstlerinnen (v.l.) Karin Pfab (Fotos), Gotlind Timmermanns (Gemälde), Veronika Flesch (Objekte) und Marlen Peix (Fotos) stellen ihre Arbeiten aus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Abstrakt und sehr zurückgenommen wirkt auch die Makrofotografie von Pfab. Zufall und Vergänglichkeit sind ihre Themen. Sie findet ihre Motive in Müllcontainern und überall dort, wo sich aus Farbresten, Kratzspuren, verwittertem Holz, verbeultem Blech oder rostigem Eisen wundersame Muster, Formen und Flächen ergeben. Aus der Nähe und stark vergrößert erscheinen sie beinahe wie Gemälde des Informel. "Das Streben nach Makellosigkeit und ewiger Jugend lässt in unserer Gesellschaft kaum noch Raum für Zeichen des Älterwerdens", sagt Pfab, die ihre Bilder deshalb auch als eine Art Wahrnehmungsschulung verstanden wissen will. Nicht marktschreierische Schönheit von glatten Hochglanzflächen interessiert sie, sondern die zufällig entstandene, eigenwillige Schönheit abseits von Jugendwahn und Design. Schönheit, die man suchen muss, auf die man sich einlassen muss und die sich erst im Auge des Betrachters entfaltet.

Einen spektakulären Auftritt hingegen hat die Kunst im größten der drei Ausstellungsräume: Im eigentlichen "Salon" stehen vor den Fenstern die farbigen Glasobjekte von Flesch und leuchten mit den großformatigen Gemälden von Timmermanns um die Wette. Zugleich entsteht zwischen abstrahierter Farbmalerei und reduzierten Formen eine ungemeine Harmonie. Flesch, in Starnberg bislang vor allem für ihre Druckgrafik bekannt, weiß das Material Glas ebenso simpel wie effektvoll einzusetzen: So werden etwa für "Labyrinth" vier blaue halbrunde Glasplatten so gegeneinander gesetzt, das sich ein durchbrochener, doppelwandiger Zylinder ergibt - den "Rest" erledigt das durchscheinende Licht. Eine orange und eine gelbe Platte, leicht gebogen, ergeben zusammen "il sole", warmes und vielfach nuanciertes Sonnenlicht.

Wie von hinten durchleuchtet, ja beinahe sphärisch wirken Timmermanns Bilder aus der Distanz betrachtet. Erst wenn man näher herantritt, erkennt man, dass sie nicht aus dünnen Streifen von flirrendem Sonnenlicht bestehen, sondern ihr Strahlen einem vielschichtig aufgebauten Bildgrund verdanken: Farbe liegt über Farbe, fließt über die Leinwand, wird verteilt und wieder abgenommen, zum Schluss bleiben quer verlaufende Schlieren. Spuren gestischer Malerei werden sichtbar, erst dann ergeben sich angedeutete Motiven wie Seerosen - oder einfach nur ein betörendes, aufregendes, vibrierendes Farbspiel.

Bis 24.5.2015 jeweils Samstag und Sonntag, 11 bis 19 Uhr oder nach Vereinbarung: Tel.08151-744961

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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